ÖVP-FPÖ: Kurz hat freie Hand, Strache noch Vorbehalte

Kurz hat seine Partei bereits auf ÖVP-FPÖ-Kurs eingeschworen
Geheimes Treffen zwischen Kurz und Strache – Weichen für Schwarz-Blau sind ÖVP-intern längst gestellt.

Das vorläufige Wahlergebnis ist nun amtlich, die ÖVP ist am Sonntag mit viereinhalb Prozentpunkten Vorsprung auf die SPÖ zur stärksten Partei des Landes gewählt worden.

Heute wird Bundespräsident Alexander Van der Bellen Kurz den Auftrag geben, eine neue Bundesregierung zu bilden. Kurz will mit allen Parteien "Annäherungsgespräche" führen, beginnend vermutlich mit der kleinsten, der Liste Pilz. Möglicherweise gibt es dann noch eine zweite "Annäherungsrunde" mit jenen Parteien, die nach der ersten Runde noch in Frage kommen. Danach will Kurz bekannt geben, mit welcher Partei er offiziell in Koalitionsverhandlungen eintritt, um diese auch abzuschließen.

Die besten Aussichten hat die Variante ÖVP/FPÖ. In der ÖVP-Vorstandssitzung Dienstag abend plädierten alle für Schwarz-Blau, berichtet ein Teilnehmer. Nur der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer plädierte dafür, auch die Option Schwarz-Rot zu probieren. Der Steirer ist der einzige in der Runde der ÖVP-Landeshauptleute, der noch mit einem schwarz-roten Bündnis regiert.

VP-Vorstand für VP-FP

Über geplante "Leuchtturmprojekte" der neuen Bundesregierung und gar Minister-Kandidaten wurde im ÖVP-Vorstand kein Wort verloren. "Wer A sagt muss auch B sagen", so ein schwarzer Grande. "Wir haben Sebastian Kurz freie Hand gegeben. Jetzt müssen wir uns auch davon überraschen lassen, was Kurz in der Regierung vorhat. Wichtig ist, dass nicht weitergewurstelt wird, sondern zügig eine Regierung und ein Programm auf die Beine gestellt werden."

Die blaue Spitze – Heinz-Christian Strache, Norbert Hofer, Herbert Kickl und gewichtige Länderchefs wie Oberösterreichs Manfred Haimbuchner – ist gewillt, mit der ÖVP zu koalieren. Eine Hürde auf dem Weg zu Schwarz-Blau ist allerdings das persönliche Verhältnis zwischen Kurz und FPÖ-Obmann Strache. Wie aus der FPÖ zu hören ist, verhalte sich Kurz Strache gegenüber "herablassend". Kurz habe nie mit Strache das Gespräch gesucht, erst jetzt, wo der ÖVPler den FPÖ-Chef brauche, ändere er sein Verhalten.

Offenbar um eben dieses Manko zu reparieren, fuhr Kurz am Mittwoch am Abend zu Strache in dessen Zweitwohnsitz bei Klosterneuburg. Drei Stunden sollen die beiden Parteichefs dort miteinander parliert haben. "Die Chemie zwischen Kanzler und Vizekanzler muss stimmen, sonst wird das wieder eine Streitkoalition, von der die Österreicher die Nase voll haben", hatte FPÖ-Vize-Chef Norbert Hofer bereits am Wahlabend öffentlich erklärt. Ein anderer FPÖ-Grande sagt zum KURIER: "Wenn Sebastian Kurz auf Augenhöhe agiert, dann wird Schwarz-Blau passieren. Werden die Schwarzen in ihren Forderungen überheblich, dann sieht die Lage anders aus."

Knackpunkt Kammern

Die Freiheitlichen sind etwas skeptisch, ob die Volkspartei wirklich neu oder die Partei des alten Machtapparats geblieben ist. Die FPÖ beansprucht deshalb bereits vor dem ersten "Annäherungsgespräch" das Innenministerium für sich. Zweifel hegen die Blauen zudem, ob Kurz den Rückbau von Kammernstaat und Sozialversicherungsbürokratie durchbringt oder am Ende der Macht der Bünde unterliegt.

Grundsätzlich läuft es jedoch in Richtung Schwarz-Blau. Das Wahlergebnis lässt in Straches Augen wenig Interpretationsspielraum zu: "Für eine SPÖ-FPÖ-Koalition sehe ich keinen Wählerauftrag." Am Sonntag hätten "60 Prozent das freiheitliche Programm gewählt."

31,6 % stimmten für die ÖVP, 26 % für die FPÖ.

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