Richter über Karmasin: Sie hat "enorme kriminelle Energie"
Es war ein harter Aufprall für Ex-Ministerin Sophie Karmasin, als Richter Stephan Faulhammer am Freitag die U-Haft verhängte. Nach wie vor ortete er bei der Meinungsforscherin eine Tatbegehungsgefahr. Konkret bedeutet das, der Richter traut der Beschuldigten zu, dass sie in Freiheit wieder eine ähnliche Tat planen und durchführen könnte. Mittlerweile gibt es zudem ein zweites Geständnis rund um die Scheinangebote, das Karmasin belastet.
Nun liegt die schriftliche Ausfertigung – also die detaillierte Begründung – vor, warum der Richter zu diesem Entschluss kam. Die Vorwürfe, die Faulhammer erhebt, sind durchaus heftig.
Einer der Hauptgründe, warum Faulhammer eine kriminelle Energie bei Karmasin ortet, liegt in der Tatsache, dass sich die „Tathandlungen über einen Zeitraum von fünf Jahren erstrecken und zumindest bis September 2021 hineinreichen sollen“.
Vorgebracht wurde auch das Argument, dass die Ex-Ministerin aufgrund der breiten negativen Berichterstattung faktisch keine Chance auf Aufträge – weder von öffentlicher Hand noch von einem Privatunternehmen - hätte.
Auch dieses Argument war für den Richter nicht nachvollziehbar, weil die „Beschuldigte auch in der Vergangenheit durchaus Geschäfte getätigt hat, in denen sie ihren Namen offiziell heraushielt, sowie den wahren Auftraggeber und die Beteiligten verschleierte“. Etwa, als sie 20 Prozent Provision von Sabine Beinschab für Aufträge aus dem Finanzministerium erhielt.
Im Oktober 2021 fand die Hausdurchsuchung statt. Das nahm Karmasin als Anlass, ihren Job aufzugeben, um sich zur Psychotherapeutin ausbilden zu lassen. Auch diese Tatsache wischt der Richter vom Tisch: „Schließlich ist aufgrund der enormen kriminellen Energie der Beschuldigten, auch aus einer neuen beruflichen Ausrichtung, keine Hintanhaltung der dringenden Gefahr weitere Tathandlungen gegen fremdes Vermögen abzuleiten“.
Zusätzlich verschärfen die nun schlechteren finanziellen Verhältnisse der Ex-Ministerin bei ihr die Gefahr der neuerlichen Tat.
Und dann legt der Richter Karmasin noch zur Last, dass sie sich, obwohl die Auswertungen der Chats von Thomas Schmid in der Öffentlichkeit bekannt waren, nicht davon abhalten ließ, weiterhin kriminelle Handlungen zu tätigen. Allerdings waren bis Oktober 2021 nie Chats aufgetaucht, wo Sophie Karmasin involviert war.
Zum Vergleich: In der Baubranche gibt es Ermittlungen gegen mittlerweile 500 Beschuldigte wegen rund 2000 illegaler Preisabsprachen. Auch gibt es bereits drei Kronzeugen in diesem Bauskandal, wo Konzern wie die Porr involviert sind. Keiner der Beschuldigten wurde in U-Haft genommen.
Bei keinem Beschuldigten ortet man eine Tatwiederholungsgefahr, obwohl alle involvierten Manager noch in der Baubranche beschäftigt sind.
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