Richter an Pilz: "Es ist immer das Gleiche mit Ihnen!"

PROZESS: PETER PILZ
Vier Polizisten klagen auf Einziehung des Buches zur Causa Pilnacek. Autor und Ex-Politiker Pilz nutzt den Prozess als Bühne – was zunehmend zur Geduldsprobe wird.

Einen größeren Gefallen, als auf Einziehung des Buches „Der Tod des Sektionschefs“ zu klagen, hätte man dem Autor nicht machen können. Peter Pilz nutzt den Saal 303 im Wiener Straflandesgericht seit Monaten für seine ganz persönliche, staatlich co-finanzierte PR-Show (siehe Kasten unten)

Oder – etwas wohlwollender ausgedrückt – eine Art außerparlamentarischem U-Ausschuss mit ihm als einzigem Mandatar.

Das merkt Richter Daniel Potmesil und erinnert den Ex-Politiker immer wieder daran, worum es hier eigentlich geht – oder vielmehr gehen sollte: Vier Polizisten, darunter Bundespolizeidirektor Michael Takàcs, wehren sich gegen Vorwürfe im Buch, sie hätten rund um den Todesfall von Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek etwas vertuschen wollen – in den Raum gestellt wird darin nichts Geringeres als ein von der ÖVP beauftragtes Mordkomplott.

Geduld

Pilz bestreitet nicht, dass er ihnen diese Dinge vorwirft, und versucht, in der Rolle als Co-Verteidiger neben Volkert Sackmann für den Zackzack-Verlag den Wahrheitsbeweis anzutreten. Am Montag – übrigens der zweite Todestag Pilnaceks – ist Hannes Fellner, ehemaliger Leiter des Ermittlungsbereichs Leib/Leben beim Landeskriminalamt Niederösterreich geladen.

Fellner hat Zackzack zuvor wegen seiner Berichterstattung geklagt und (nicht rechtskräftig) gewonnen. Woraufhin Pilz den damaligen Richter in Berichten als „Zensor“ tituliert und aufgefordert hat, sein Amt zu ge- statt zu missbrauchen.

Potmesil – ein ausgebildeter Jugendstrafrichter – versucht es mit ganz viel Geduld und gutem Zureden, und ist letztlich chancenlos. Pilz macht, was Pilz will. 

Als er mit den Fragen dran ist, spricht er leise, langsam, legt in jedes noch so banale Füllwort ganz viel Gewicht. Seine Fans im Publikum halten beinahe die Luft an, um ja nichts zu überhören.

Dem Richter wird es zusehends eng unter der Krawatte, er nestelt daran herum, während Pilz seelenruhig Fragen stellt, ohne je mit den Antworten zufrieden zu sein. „Wenn Sie die Frage nicht beantworten, dann beantworte ich Sie“, sagt Pilz zum Zeugen und setzt zum nächsten Monolog an. So, Stopp.

„Es ist immer das Gleiche mit ihnen!“, platzt es aus dem Richter heraus. „Ich sage Ihnen immer wieder, Sie dürfen als Verfahrensbeteiligter Fragen stellen, aber selber keine Fragen beantworten und Monologe führen. Und Sie machen es trotzdem!“

Pilz wartet nur, bis der Richter fertig ist, damit er selbst weiterreden kann.

Dramaturgie

Und er macht es wieder. Aber diesmal interessiert es den Richter selber: Wie groß war Pilnacek eigentlich? Und wie ertränkt sich ein Mann in einem Gewässer, das weniger tief ist als er selbst hoch? Nur, um Pilz kurz darauf erneut zu ermahnen, dass dies ein Medienverfahren sei und es nicht darum gehe, den Todesfall aufzuklären.

Pilz steuert dramaturgisch auf den Höhepunkt zu: Er erzählt – jetzt mit lauter, fester Stimme –, dass er sich selbst so eine Smartwatch gekauft hat, wie sie Pilnacek bei seinem Tod am Handgelenk trug, um nachzuvollziehen, was das Gerät kann. Er konfrontiert den Zeugen mit dem Vorwurf, dass auf die Daten der Smartwatch zugegriffen worden sei. Der Ex-Kripo-Beamte sagt, er habe dazu keine Wahrnehmungen, aber es ist eigentlich auch schon egal. Pilz hat seine Story für heute platziert.

Knapp 30 Minuten dauert es, bis Linda Poppenwimmer, Anwältin der Antragsteller, als Erster dämmert, dass die Smartwatch gar nicht antragsgegenständlich ist. Der Vorwurf, dass die Polizei das Gerät bei ihren Ermittlungen nicht ordentlich ausgewertet hat, wurde durch einen IT-Bericht der Justiz Anfang August publik (der KURIER berichtete).

Der Medienprozess läuft seit Juni, das Buch ist seit Februar auf dem Markt und mittlerweile in dritter, überarbeiteter Auflage erschienen. Auf zackzack.at erschienen seither Dutzende Artikel zur Causa Pilnacek – oft mit dem Hinweis, dass jene, die im Buch kritisiert werden, es nun verhindern wollen.

Fragen zu Verkaufszahlen des Buches und Zugriffszahlen auf zackzack.at beantwortet die Geschäftsführung „aus Zeitgründen“ nicht. „Wir sind mit den laufenden Prozesstagen derzeit sehr eingedeckt“, heißt es am Montag auf KURIER-Anfrage.

Heute, Dienstag, und am Donnerstag werden weitere Zeugen befragt.

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