Regierungsprogramm: (Fast) Nichts geht mehr

Vieles aus dem neuen Regierungsprogramm wird im Schredder landen.
Frühzeitiges Koalitions-Aus begräbt Projekte für Arbeit und Bildung.

Ende Jänner haben sich SPÖ und ÖVP auf einen runderneuerten Regierungspakt verständigt, ein Teil davon wurde abgearbeitet, aber wesentliche Punkte sind noch offen. Die Roten machen weiterhin Druck auf den Noch-Koalitionspartner, die offenen Projekte trotz beabsichtigter Neuwahl noch umzusetzen (siehe Seite 2).

Sebastian Kurz, potenzielle Nummer 1 in der Volkspartei, will die "Reformpartnerschaft" zwar nicht fortsetzen, aus seinem Umfeld wurde am Freitag aber signalisiert, man könnte unter gewissen Bedingungen noch etwas weiterbringen. "Für den Fall", dass die SPÖ dem Neuwahlantrag zustimme, solle der Versuch unternommen werden, "was im Regierungspakt bereits ausgemacht und fertig ausverhandelt ist, umzusetzen". Die SPÖ glaubt nicht daran.

Was ist ausgemacht – und was ausverhandelt?

Bildungsreform

SPÖ-Bildungsministerin Sonja Hammerschmid sah sich mit dem Schulpaket schon durchs Ziel laufen, da sagt Lehrergewerkschafter Paul Kimberger am letzten Verhandlungstag: "Von einer Einigung kann überhaupt keine Rede sein."

Am Freitag wurde hitzig um die von Hammerschmid gewünschte Aufhebung der Höchstzahl von 25 Schülern pro Klasse verhandelt – für die Lehrer ein No-Go. "Wir haben jetzt ein Modell vorgelegt bekommen und werden es nächste Woche haargenau von unseren Juristen prüfen lassen", erklärt Kimberger. Auch die zweite Forderung, dass Zusammenschlüsse von Schulen nur freiwillig erfolgen dürfen, wurde (noch) nicht erfüllt. Hammerschmid will die so genannten Cluster zwangsweise verordnen können.

Damit das Paket im nächsten Schuljahr starten kann, müsste es spätestens am 6. Juni im Ministerrat beschlossen werden. Das hängt nicht nur an Rot-Schwarz, sondern auch an den Lehrern.

Beschäftigungsbonus

Unternehmern, die neue Jobs schaffen, sollten im Nachhinein 50 Prozent der Lohnnebenkosten rückerstattet werden. Dieses Projekt wurde im Ministerrat bereits beschlossen und könnte im Parlament – sofern sich eine Mehrheit dafür findet – jederzeit endgültig fixiert werden. Damit könnte der Beschäftigungsbonus ab 1. Juli 2017 in Kraft treten.

Kalte Progression

SPÖ und ÖVP haben im Regierungsprogramm vereinbart, die Kalte Progression, also die schleichende Lohnsteuererhöhung, abzuschaffen. In welcher Form das passieren soll, da gehen die Meinungen auseinander. Die ÖVP will alle Lohnsteuerzahler entlasten, die SPÖ überproportional kleinere und mittlere Einkommensgruppen – und darüber hinaus auch jenen eine Negativsteuer zukommen lassen, die so wenig verdienen, dass sie keine Lohnsteuer zahlen. Dass SPÖ und ÖVP da noch zusammenfinden, ist mehr als unwahrscheinlich.

Eine Möglichkeit wäre, dass sich die SPÖ eine andere Mehrheit für ihr Modell sucht. Dafür würde sie Grüne, Neos, Team Stronach und zwei der vier wilden Mandatare benötigen. Denn die Blauen wollen keine blossen Mehrheitsbeschaffer sein. Sie wollen nur noch neu wählen lassen.

Mindestlohn bzw. Zwölf-Stunden-Tag

Die Sozialpartner wurden von der Regierung beauftragt, sich auf den Mindestlohn von 1500 Euro (SPÖ-Forderung) bzw. flexiblere Arbeitszeiten vulgo Zwölf-Stunden-Tag (ÖVP-Wunsch) zu einigen. Werden Kammern und Gewerkschaften nicht handelseins, hätte die Regierung das Projekt selbst in die Hand nehmen sollen.

Dazu wird es nun gewiss nicht kommen. Dass die Sozialpartner im Vorwahlkampf noch eine Lösung finden, ist praktisch auszuschließen. Die SPÖ könnte sich für den Mindestlohn noch eine Mehrheit abseits der ÖVP suchen. Das scheint, wie vorhin geschildert, vor einer Wahl aber undenkbar.

"Aktion 20.000" – Jobs für Langzeitarbeitslose

Über das Projekt von Sozialminister Alois Stöger, das älteren Langzeitarbeitslosen wieder Jobs bringen soll, haben SPÖ und ÖVP nur einmal verhandelt. Mit den Gemeinden, die 20.000 Arbeitsplätze schaffen sollen, gibt es – abgesehen von einzelnen Modellregionen – aber noch keine konkreten Vereinbarungen. Dass dieses Programm noch umgesetzt wird, ist illusorisch.

Teuerste Sitzung

Völlig ausgeschlossen ist aber nicht, dass noch der eine oder andere Beschluss vor der Wahl im Parlament fällt. Das wäre auch keine Premiere.

In schlechter Erinnerung geblieben ist der 24. September 2008. Damals, vier Tage vor der Nationalratswahl, wurde die Hacklerregelung verlängert, die Familienbeihilfe aufgestockt und die Mehrwertsteuer auf Medikamente gesenkt. Überdies wurden die Studiengebühren abgeschafft und den Pensionisten eine außerordentliche Erhöhung gewährt.

Die Vorhaben, die in dieser Marathonsitzung beschlossen wurden, haben die Steuerzahler an die drei Milliarden Euro gekostet.

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