Aufstand schwarzer Sozialpartner: "Regierung ist im Machtrausch"

Aufstand schwarzer Sozialpartner: "Regierung ist im Machtrausch"
Schwarze Sozialpartner mobilisieren gegen türkis-blaue Pläne im Gesundheitsbereich.

Der Krach um die Unfallversicherung ist ein mildes Vorgeplänkel. Im Mai will die Regierung nämlich nicht nur die AUVA, sondern die gesamte Sozialversicherung umkrempeln und ein sogenanntes „Strukturreformgesetz“ auf den Weg schicken.

Mit ihrem Plan einer Zentralisierung der Krankenkassen und des staatlichen Eingriffs in die von den Sozialpartnern selbstverwaltete Sozialversicherung bringt die Regierung drei mächtige Institutionen gegen sich auf: die Bundesländer; die Ärztekammer; die Sozialpartner.

Mobilisierung

Quer durch die Republik wird bereits gegen die Regierungspläne mobilisiert, unter anderem auch bei den schwarzen Sozialpartnern.

Heute, Dienstagabend, lädt die Wiener Wirtschaftskammer zu einem Vortrag. Sie hat den Ökonomen Günter Danner, einen Fahnenträger der Selbstverwaltung, eigens von Deutschland nach Wien gebeten. Schon in der Einladung lässt die WK-Wien unter ihrem Präsidenten Walter Ruck wenig Zweifel aufkommen, wo sie in diesem Konflikt steht: „Steuerfinanzierte Sozialmodelle weisen eine kaum beeinflussbare (finanzielle) Abhängigkeit vom Staat auf. Es besteht die Sorge, dass ein steuerfinanziertes Sozialversicherungswesen zu einer allgemeinen Verschlechterung der Gesundheitsversorgung der österreichischen Bevölkerung beitragen würde.“

Was Danner in seinem Vortrag sagen wird, lässt sich googeln: Die Abhängigkeit des Gesundheitssystem vom Staat sei ein „Übel“, Staatsverschuldung und „politische Ideenarmut“ hätten in zahlreichen EU-Ländern zu Mangelversorgung der Bevölkerung geführt.

Zangenangriff

Der schwarze Zangenangriff auf die Türkisen kommt von allen Seiten. Nicht nur die Wirtschaft in Wien, auch die ÖVP-Arbeitnehmer von Tirol wappnen sich für die Auseinandersetzung. Bei einer Klausur am vergangenen Wochenende haben sie „rote Linien“ definiert. Welche das sind, sagt Tirols Arbeiterkammerpräsident Erwin Zangerl.

Rote Linie 1, die Selbstverwaltung

Derzeit verwalten Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Krankenkassen, der Staat hat nur eine Aufsicht. Die Regierung will künftig bei der Personalauswahl mitreden und selbst Vertreter in die Sozialversicherung schicken. Dazu Zangerl: „Wenn Frau Ministerin Hartinger-Klein sagt, sie wird Fit-und-proper-Tests für die Selbstverwaltung einführen, stelle ich die Gegenfrage: Welches Regierungsmitglied und welcher Nationalratsabgeordnete hat denn selbst einen Fit-und-proper-Test abgelegt?“

Rote Linie 2, die Finanzhoheit

Laut Regierung soll in Zukunft die Finanz und nicht mehr die Sozialversicherung die Sozialversicherungsbeiträge einheben. Dazu Zangerl: „Das degradiert die Krankenkassen zu Bittstellern bei der Regierung, das ist das Ende der Selbstverwaltung. Das läuft auf eine Verstaatlichung des Gesundheitssystems hinaus.“

Rote Linie 3, die Vertragshoheit

Die Regierung will die Gebietskrankenkassen zentralisieren und zentral Ärzteverträge für ganz Österreich verhandeln. Dazu Zangerl: „Die Tiroler Krankenkasse muss weiterhin mit dem Land Tirol über die Spitäler und mit den Ärzten über die 1800 Ärzteverträge verhandeln können.“ Sonst schlittere man in ein „Chaos“. Zangerl: „Wie sollen die in Wien wissen, was wir im Pitztal für eine ärztliche Versorgung brauchen?“

Das Wahlversprechen, die Kassen zusammenzulegen, sei von vornherein „Unfug“ gewesen, man habe der Bevölkerung eingeredet, da sei alles aufgebläht. Hingegen würden alle Experten bestätigen, dass der Verwaltungsaufwand in der heimischen Sozialversicherung vergleichsweise niedrig sei.

„Macht und Geld“

Warum sich die Regierung auf dieses Thema versteife, wenn die Reform finanziell nichts bringe? Zangerl: „Es geht um Macht, Geld und Einfluss. Die FPÖ hat es auf demokratischem Weg nicht geschafft, sich in der Sozialpartnerschaft zu etablieren, jetzt versucht sie es auf diesem Umweg. Und die anderen sind von Interessensgruppen wie der Industriellenvereinigung beeinflusst, neoliberale Politik zu machen.“ Die Regierung befinde sich in einem „Machtrausch“.

Zangerl: „Man spricht nicht mit uns. Seit Monaten versuche ich, aufmerksam zu machen, was da alles dran hängt. Und jetzt höre ich, dass am 2. Mai bereits alles im Ministerrat beschlossen wird.“ Die Sozialversicherung von Staats-Finanzierung abhängig zu machen, sei „wie eine Katze und eine Maus in eine Schachtel zu sperren“. Zangerl: „Die wollen uns unter das Parteijoch zwingen, mundtot machen und verhindern, dass wir Interviews wie dieses geben können. Das nimmt diktatorische Züge an.“

Gespräche über Zukunft der AUVA

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