Reform der Parteifinanzen: Was jetzt noch zu tun ist
Es ist ein einmaliger Vorgang: Weil Margit Kraker offenbar nicht so recht daran glauben kann, dass Regierung bzw. Parlament den lange in Aussicht gestellten Gesetzesentwurf zur Neuregelung der Parteifinanzen bald vorlegen, hat die Präsidentin des Rechnungshofs einen überraschenden Vorstoß gewagt: Zum ersten Mal überhaupt will der Rechnungshof, der sich sonst auf Empfehlungen oder Stellungnahmen beschränkt, selbst einen Gesetzesentwurf vorlegen.
Das Motiv dahinter ist klar: Der Druck auf die Politik soll steigen.
Tatsächlich ist die Frage, woher die Parteien ihr Geld beziehen bzw. was sie damit machen, für eine Demokratie zentral; und sie wurde mit dem Ibiza-Skandal wieder ins Bewusstsein gerückt. Nicht von ungefähr haben ÖVP und Grüne dem Thema „Transparenz“ im Koalitionspakt viel Platz gegeben.
Die inhaltlichen Fortschritte sind – noch – überschaubar.
Sigrid Maurer, Klubchefin der Grünen, versicherte am Donnerstag man werde „im Herbst“ einen Gesetzesvorschlag vorlegen.
Was würde mehr Transparenz und Fairness ins Parteiensystem bringen? Wo liegen die Schwächen des Systems?
Der KURIER beantwortet die wesentlichsten Fragen:
Woher bekommen die Parteien eigentlich ihr Geld?
Österreichs Demokratie hat ein sogenanntes Mischsystem. Die Parteien dürfen selbst Geld sammeln, also etwa Spenden und Mitgliedsbeiträge einheben. Zusätzlich dazu haben sie Anspruch auf eine öffentliche Parteienförderung, also auf Geld aus dem Steuertopf. Für das laufende Jahr 2021 haben die Parteien auf Bundes- und Landesebene Anspruch auf zumindest 212 Millionen Euro. Das bedeutet: Rein rechnerisch unterstützt jeder Wahlberechtigte die Parteien, deren Landtags- und Parlamentsklubs sowie die Partei-Akademien mit jährlich 33 Euro. Die in Summe finanzkräftigste Parteiorganisation bleibt die ÖVP. Ihr stehen – alle Förderungen in Bund und Ländern zusammengerechnet – fast 73 Millionen Euro zu, die SPÖ folgt mit 56 vor der FPÖ (36 Millionen), Grünen (26) und Neos (15). Der Rest geht an kleinere Fraktionen auf Landesebene.
Was sind die größten Probleme bei der Parteienfinanzierung?
Nicht nur im Regierungsprogramm, sondern auch bei Experten steht eine Ausweitung der Prüfrechte des Rechnungshofs ganz oben auf der Wunschliste. Derzeit kann der Rechnungshof nur kontrollieren, ob die Zahlen und Fakten, die die Parteien und deren Wirtschaftsprüfer in Rechenschaftsberichten übermitteln, in sich stimmig sind. Der Rechnungshof darf aber nicht nachprüfen, ob die Angaben den Tatsachen entsprechen. Dazu müsste er in die Buchhaltung der Parteien schauen dürfen – was momentan nicht geht. Im Regierungsprogramm werden die entsprechenden „originären Kontroll- und Einschaurechte“ bereits dezidiert in Aussicht gestellt. „Und was im Koalitionsvertrag steht, das kommt auch“, sagt Maurer im Gespräch mit dem KURIER.
Worum geht es bei den „parteinahen Vereinen“?
Der Ibiza-Skandal hat bereits zu Verschärfungen und Präzisierungen geführt. Seit Juli 2019 sind pro Parteispender und Jahr nur 7.500 Euro zulässig. Geht’s nach Maurer, werden anonyme Spenden für Parteien bald nur noch im „niedrigen dreistelligen Bereich möglich sein“.
Ein Problemfeld bleiben die „parteinahen Vereine“. Derzeit kann ein Verein selbst entscheiden, ob er sich in der Nähe zu einer Partei wähnt oder nicht – unabhängig davon, wer ihn gegründet hat, im Vorstand sitzt etc. Dieser Umstand ist hinterfragenswert. Aus Regierungskreisen wird dem KURIER bestätigt, dass eine saubere gesetzliche Lösung schwierig erscheint. Warum? Ein Beispiel: Angenommen, zwei Parteiangestellte gründen in ihrem Heimatort einen Verein, um am Nachmittag eine Kinderbetreuung zu ermöglichen: sind Spenden von Eltern oder Unterstützern des Vereins dann Parteispenden?
Gibt es genug Sanktionen bei Verstößen?
Nein. Es ist zwar gesetzlich geregelt, wie viel eine Partei für einen Wahlkampf ausgeben darf (maximal sieben Millionen Euro in den letzten 82 Tagen vor dem Wahltag). Allerdings sind die Sanktionen bei Verstößen mitunter so gering, dass sich die Verfehlung „lohnt“. 2017 hat die ÖVP die Wahlkampfkosten um fast sechs Millionen Euro überschritten und „nur“ 800.000 Euro Strafe bezahlt. „Das soll es künftig so nicht mehr geben“, sagt Maurer. „Wir werden die Geldbußen empfindlich erhöhen.“
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