Rechtsanspruch auf zumutbare Arzt-Termine? Die SPÖ hält das für machbar

Kucher will parteiinternen Frieden
Klubchef Kucher und ÖGK-Obmann Huss sehen Österreich auf dem Weg zum privatisierten Gesundheitssystem.

Die Schwächen des öffentlichen Gesundheitssystems sind eines der zentralen Themen, mit denen die SPÖ im Nationalratswahlkampf punkten will.

Insofern ist es nur konsequent, wenn SPÖ-Klubobmann Philip Kucher jede Gelegenheit nutzt, um zu erzählen, wie aus seiner Sicht die Gesundheitsversorgung in Österreich aussähe, würden Sozialdemokraten regieren, nämlich: anders und besser.

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Heute, Mittwoch, will Kucher im Zuge einer „Aktuellen Stunde“ im Parlament erneut darauf hinweisen, dass der Finanzausgleich und die beschlossene Gesundheitsreform bei „weitem nicht ausreichen, um die Situation zu stabilisieren. „Denn die“, so sagte Kucher vorab bei einem Hintergrundgespräch, „wird von Jahr zu Jahr schlechter“.

Gemeinsam mit Andreas Huss, dem Obmann der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), wies Kucher auf die Mängel hin, die seiner Ansicht nach bestehen, nämlich: Fehlende Ärzte und Pfleger in den Spitälern; überlange Wartezeiten auf Operations- und Facharzt-Termine; sowie eine auffallend hohe Summe, die Österreichs Patienten zusätzlich zu ihren Versicherungsbeiträgen in das System einzahlen müssen.

Hier könnte man einwenden: Der Finanzausgleich sieht doch zusätzliche Mittel fürs Gesundheitssystem vor!

Diese reichen laut Huss aber nicht aus. Nach Abzug verschiedener Sonderausgaben wie der Mit-Finanzierung des Impfprogramms bleiben der Sozialversicherung rund 200 Millionen Euro. „Damit ist ein bisschen etwas möglich“, sagt ÖGK-Mann Huss. Für zusätzliche 500 Kassenarztstellen oder einen landesweit einheitlichen Leistungskatalog sei aber deutlich mehr, nämlich 800 Millionen Euro im Jahr, vonnöten.

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Noch ein paar Zahlen: Laut Kalkulationen des SPÖ-Klubs werden in Österreich bereits 23 Prozent der Kosten im Gesundheitsbereich nicht über Steuern oder Versicherungsbeiträge, sondern durch private Zahlungen finanziert. „Es geht alles in Riesenschritten in Richtung Privatisierung des Gesundheitssystems“, so Huss. Zu dieser These passt, dass die Zahl der Wahlärzte in allen Fachrichtungen stark zunimmt: Laut Kucher sind mehr als die Hälfte der Hausärzte (55 %) Wahlärzte, das bedeutet: Sie haben keinen Kassenvertrag, Patienten wird nur ein Teil des Honorars von der Krankenkasse refundiert. Im Bereich der Fachärzte beträgt der Anteil der Wahlärzte bereits rund 70 Prozent.

Für Kucher ist der von der SPÖ propagierte Rechtsanspruch auf einen Arzt-Termin innerhalb einer zumutbaren Frist (2 Wochen) keine Propaganda, sondern realistisch. „Wenn Länder wie Finnland das hinbekommen, muss das auch in Österreich schaffbar sein.“

Die Forderung der SPÖ – und damit ist man wieder bei der an den Finanzminister gerichteten „Aktuellen Stunde“ – sind mannigfaltig. Zum einen gelte es, die im Zuge der Kassenfusion versprochene „Patientenmilliarde“ umzusetzen. Abgesehen davon müssten die Studienplätze an den Medizin-Unis verdoppelt werden, um dem Ärztemangel zu begegnen. Und es müsse einen einheitlichen Katalog für ärztliche Leistungen geben. „Es ist nicht einzusehen“, sagt Kucher, „dass ich als Politiker für ein Zahnimplantat 350 Euro dazubezahlt bekomme, meine Mutter als ÖGK-Versicherte aber nicht.“

Christian Böhmer

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