Milliarden-Ringelspiel mit 420 Konten

Es ist eine vernichtende Kritik auf 234 Seiten zur finanziellen Lage des Landes.

Wäre der Salzburger SPÖFinanzlandesrat David Brenner nicht mit 23. Jänner 2013 von allen politischen Ämtern zurückgetreten, so hätte er spätestens mit Erscheinen des Rohberichts des Rechnungshofes (RH)am Donnerstag seinen Hut nehmen müssen. Es ist schwer vorstellbar, dass eine Überprüfung der Finanzen eines Landes vernichtender ausfallen könnte.

RH rügt Landes-RH

In dem 234-seitigen Dokument des Rechnungshofes mit dem Titel „Land Salzburg. Finanzielle Lage“, das dem KURIER vorliegt, werden nacheinander alle mit den Landesfinanzen beauftragten Stellen negativ beurteilt. Die Finanzabteilung machte Finanzgeschäfte, deren Kontrolle und dazu die Buchhaltung, der Finanzbeirat als auch der Landtag wurden nicht umfassend informiert, die Rechnungsabschlüsse des Landes der vergangenen Jahre seien demnach falsch.

Schwere Mängel

Die Kritik bezieht sich auch auf die Berichte des Landesrechnungshofes: Dieser führte „die Überprüfung der Rechnungsabschlüsse des Landes nicht nach nationalen und internationalen Prüfungsstandards durch“. Das trug dazu bei, dass „der Landesrechnungshof schwerwiegende Mängel in den Rechnungsabschlüssen sowie die Nichteinhaltung einschlägiger gesetzlicher Vorschriften nicht feststellte.“

Weiters wird aufgezeigt, dass den Prüfern „veränderte“ Protokolle des Finanzbeirates aus den Jahren 2008 bis Juli 2011 übergeben wurden und sie somit über die finanzielle Lage getäuscht wurden. Und „Kontrolllücken“ hätten dazu geführt, dass es möglich war, „Konten ohne Wissen und Zugriff der Landesbuchhaltung zu eröffnen.

Dies führte dazu, dass mindestens 300 Bankkonten und zusätzlich 120 Fremdwährungskonten mit Umsätzen im Jahr 2012 von 9,5 Milliarden Euro im Rechnungswesen des Landes nicht erfasst waren.“ Außerdem seien die „gängigen Prinzipien des Internen Kontrollsystems nicht sichergestellt“.

SPÖ-Mann Georg Maltschnig, Brenners Nachfolger als Finanzreferent, gab zu, dass der RH-Bericht „einmal mehr das Kontrollversagen des gesamten Systems bestätigt“ habe. ÖVP-Mandatarin Gerlinde Rogatsch befand, „der Bericht zeigt deutlich das Chaos und das Versagen im Finanzbereich, null Kontrolle und Desinteresse an Aufklärung“.

Der Freiheitliche Friedrich Wiedermann sagte, dass nun der „Finanzskandal noch umfassender ist, als bisher dargestellt. Die Finanzabteilung hat die Übersicht über ihre Geschäfte total verloren.“ Und die Grünen fordern ob des „unglaubliches Kontrollversagens“ auch personelle Konsequenzen beim Landes-Rechnungshof.

Am Freitag, werden im Salzburger U-Ausschuss zum letzten Mal Zeugen befragt, etwa der Salzburger Bürgermeister Heinz Schaden als auch sein Finanzchef. Ein (politischer) Endbericht wird für den 24. April erwartet. Die entlassene Leiterin des Landesbudgetreferates, Monika Rathgeber, ist außerdem am Freitag beim Arbeitsgericht mit ihrer Klage abgeblitzt.

Für Gabi Burgstaller geht es um Alles. Sollte es Salzburgs Landeshauptfrau am 5. Mai misslingen, die SPÖ bei der Landtagswahl zur stimmenstärksten Partei zu machen, ist Burgstaller Geschichte. Sie hat ihren Verbleib in der Politik mit Platz 1 bei der Wahl junktimiert.

Gestern Abend ist die Landes-SPÖ im Beisein von Kanzler Werner Faymann offiziell in den Wahlkampf gestartet, Burgstaller nahm insbesondere die ÖVP ins Visier: Diese habe sich nach Bekanntwerden des Finanzskandals „wie ein Brandbeschleuniger“ und nicht wie ein Feuerlöscher betätigt – „das hat sie demaskiert.“

Mit dem Wahlkampfauftakt startete die SPÖ den Intensivwahlkampf; heute ziehen ÖVP und FPÖ nach.

Die SPÖ musste ihre von langer Hand geplante Strategie über Bord werfen. Zum regulären Wahltermin 2014 wäre Burgstaller nicht angetreten. „Thronfolger“ David Brenner war aufgebaut, das Amt hätte 2013 übergeben werden sollen.Der im Dezember geplatzte Finanz-Skandal machte das zunichte. Finanzlandesrat Brenner musste gehen, Astrid Lamprechter folgte; die Wahl wurde vorgezogen und Burgstaller steigt mangels Alternativen selbst in den Ring.

Für die ÖVP und Parteichef Wilfried Haslauer geht es ebenfalls um viel: Nachdem man 2004 nach 60 Jahren den Landeshauptmann verloren hatte, sah Haslauer im Finanz-Skandal die Chance, den Posten zurückzuerobern. Wie Burgstaller hat er angekündigt, zu gehen, wenn er Zweiter wird – ein Fehler, befinden Wahlforscher. „Burgstaller hat bessere Persönlichkeitswerte als Haslauer“, sagt Peter Hajek (Public Opinion Strategies).

Wer gewinnt, ist offen. In allen Umfragen liegen SPÖ und ÖVP Kopf an Kopf.

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