Reaktionen zu Kern-Rückzug: Für Rendi-Wagner sehr bedauerlich
Die designierte SPÖ-Parteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner nannte Christian Kerns Rücktritt als Spitzenkandidat bei den EU-Wahlen sehr bedauerlich. "Es ist aber seine persönliche Entscheidung, die selbstverständlich zu respektieren ist“, so Pamela Rendi-Wagner. Kerns Verdienste würdigte sie folgendermaßen: „Ich möchte mich bei Christian Kern herzlich bedanken. Er hat die Partei geöffnet und modernisiert, dabei hat er sich große Verdienste um die Sozialdemokratie erworben. Als Bundeskanzler hat er viele wichtige Maßnahmen vorangetrieben, trotz der schwierigen Zusammenarbeit mit dem Koalitionspartner. Mit dem Beschäftigungsbonus, dem Mindestlohn von 1.500 Euro, der Aktion 20.000 für ältere Langzeitarbeitslose oder höheren Mindestpensionen hat er große soziale Reformschritte in Österreich durchgeführt und dabei eine klare Vision für die Zukunft Österreichs verfolgt. Bei der Nationalratswal 2017 hat er die SPÖ stabilisiert und als Oppositionsführer hat er wichtige Weichenstellungen für die Zukunft vorgenommen“, so Rendi-Wagner.
Der Kärntner Landeshauptmann und SPÖ-Landesparteichef Peter Kaiser hat am Samstag in einer Aussendung gesagt, Christian Kerns Entscheidung zum Rückzug aus der Politik sei "bedauerlich, aber zur Kenntnis zu nehmen": "Seitens der SPÖ hätte man sich die Entwicklungen selbstredend anders gewünscht und anders vorgestellt."
Kaiser plädierte aber auch für eine "rasche Rückkehr zu einer professionellen Kommunikation und intensiven politischen Arbeit", bereits in der Präsidiumssitzung am (morgigen) Sonntag seien Weichen zu stellen. Das heiße, personelle Fragen "geordnet und unaufgeregt zu klären".
Knappes Statement aus dem Burgenland
Die SPÖ Burgenland sieht nach dem Rückzug des bisherigen SPÖ-Chefs aus der Politik "das Kapitel Christian Kern beendet". "Mehr ist dazu nicht zu sagen", kommentierte Landesgeschäftsführer Christian Dax am Samstag im Gespräch mit der APA lapidar den Auftritt Kerns.
Jetzt sei es wieder an der Zeit sich mit wichtigen Themen zu beschäftigen anstatt so wie in den vergangenen Wochen mit sich selbst. Dax betonte, dass die SPÖ Burgenland voll hinter Pamela Rendi-Wagner als neuer Parteivorsitzenden stehe. SPÖ-Landesparteichef Hans Peter Doskozil wollte am Samstag gegenüber der APA keine persönliche Stellungnahme zum Rückzug Kerns abgeben.
Schickhofer will "Schlussstrich", für Schnabl "nicht überraschend"
Ebenso knapp kommentierte am Samstag der steirische SPÖ-Landesvorsitzende Michael Schickhofer den Rückzug Kerns. "Für mich ist es an der Zeit einen Schlussstrich unter die Ereignisse zu ziehen. Wir werden jetzt gemeinsam mit Pamela Rendi-Wagner für die Österreicher da sein und an einer positiven Zukunft unseres Landes arbeiten."
Für den niederösterreichischen SPÖ-Landesvorsitzenden Franz Schnabl ist Kerns Rückzug aus der Politik "nicht ganz überraschend" gekommen. "Es hat sich abgezeichnet", sagte Schnabl. Den als Nachfolger für eine Spitzenkandidatur bei der Europawahl gehandelten Andreas Schieder bezeichnete Schnabl als "hervorragende Persönlichkeit". Schieder habe alle notwendigen Attribute und sei gut vernetzt.
Dank von Van der Bellen
Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat sich bei Christian Kern im Namen der Republik für seine Tätigkeit als Bundeskanzler und als Chef der größten Oppositionspartei bedankt. Er habe Kern als "engagierten und kompetenten Politiker kennengelernt", erklärte Van der Bellen am Samstag in einer Aussendung. Es verdiene Anerkennung, dass sich Menschen auch außerhalb der Politik - und sei es für begrenzte Zeit - für politische Tätigkeiten zur Verfügung stellen und so dem Gemeinwohl dienen, fügte das Staatsoberhaupt an.
Kritik gab es von den Freiheitlichen. "Mit seinem Rückzug von einer EU-Kandidatur öffnet Christian Kern den Vorhang für den letzten Akt der österreichischen Sozialdemokratie und beschließt damit eine der peinlichsten Kurzvorstellungen in der österreichischen Innenpolitik", so Generalsekretär Harald Vilimsky. Der Freiheitliche schoss sich auch gleich auf den möglichen neuen SPÖ-EU-Spitzenkandidaten Andreas Schieder ein. "Der gescheiterte Wiener SPÖ-Bürgermeisterkandidat und abgesetzte SPÖ-Klubobmann Schieder hat bislang überhaupt kein europapolitisches Profil und soll nur von der neuen SPÖ-Führung ins Exil befördert werden."
Mit Respekt gegenüber Kern reagierte NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger. "Für sein Engagement gebührt ihm zu seinem Abgang Dank und ich wünsche ihm alles Gute für seine weitere Zukunft."
Für Steidl nachvollziehbar
Für den Salzburger SPÖ-Vorsitzenden Walter Steidl setzt der Rückzug von Christian Kern aus der Berufspolitik einen Schlussstrich unter den Zickzackkurs der vergangenen beiden Wochen. "Ich kann seine Entscheidung gut nachvollziehen, es ist für ihn persönlich wohl auch das Beste." Viele in der Partei hätten Kern aber gerne weiter in der SPÖ gesehen - auch in einer anderen Funktion.
"Er hat Akzente gesetzt und wichtige Weichenstellungen auch inhaltlicher Art vorgenommen. Leider gab es immer wieder aus den eigenen Reihen oft nicht nachvollziehbare Kritik", sagte Steidl zur APA. "Ein Parteivorsitzender, der sich nicht auf die Geschlossenheit der eigenen Reihen verlassen kann, kann nicht entschlossen Politik machen." Er hoffe, dass die Partei daraus Lehren für die Zukunft zieht.
Wer nun SPÖ-Spitzenkandidat für die EU-Wahlen werden soll, werde unter anderem im Bundesparteipräsidium am morgigen Sonntag diskutiert. Es sei nun vor allem wichtig, dass in der Bundespartei wieder Ruhe einkehre und sich die SPÖ wieder uneingeschränkt der Oppositionsarbeit widmen könne.
Gerstorfer: Kern zog klaren Schlussstrich
Für die oberösterreichische SPÖ-Landeschefin Birgit Gerstorfer wäre Christian Kern persönlich ein idealer Spitzenkandidat für die EU-Wahl gewesen. "Er hat mit seiner Entscheidung aber einen klaren Schlussstrich gezogen. Ich bin mir sicher, dass nun wieder Ruhe einkehrt." Sie sei überzeugt, dass die SPÖ nun eine vielversprechende Kandidatin oder einen vielversprechenden Kandidaten aufstellen werde.
"Auch wenn viele Menschen große Hoffnung in Kern gesteckt haben, habe ich Respekt vor seiner Entscheidung. Es spricht für sein Verantwortungsbewusstsein, dass er erkannt hat, dass er mit seiner Person zuletzt polarisiert hat und so vielleicht nicht mehr das volle Potenzial hätte ausschöpfen können."
Ob bereits am Sonntag beim SPÖ-Parteipräsidium eine Nachfolgerin oder ein Nachfolger von Kern als Spitzenkandidat für die EU-Wahlen gekürt wird, sei offen. Die Liste für die EU-Wahl müsse erst bis zum 15. Oktober stehen. "Ab diesem Moment können wir uns wieder voll auf das Wichtige konzentrieren." Mit der Vorbereitung des Bundesparteitags am 24. und 25. November, den AK- und den EU-Wahlen und der Oppositionsarbeit gebe es genug zu tun.
Vorarlberg: Schieder "sehr gut vorstellbar"
Für Vorarlbergs SPÖ-Chef Martin Staudinger ist Andreas Schieder nach dem Rückzug Christian Kerns als Spitzenkandidat für die Europawahl "sehr sehr gut vorstellbar". "Ich halte ihn aufgrund seiner europa- und außenpolitischen Kompetenz für sehr gut geeignet", meinte der Vorarlberger Vorsitzende.
Die Partei verfüge aber darüber hinaus über einen "Pool an guten Kandidaten", betonte Staudinger, der Ende September zum Vorsitzenden der Ländle-SPÖ gewählt worden war. Bei der Präsidiumsklausur am Sonntag werde jedenfalls über diese Frage beraten. Eine Entscheidung müsse dabei aber nicht unbedingt fallen. Die Sozialdemokratie könne sich durchaus etwas Zeit lassen - schließlich sei auch bei den anderen Parteien die Spitzenkandidaten-Frage noch offen.
Für den Rückzug Kerns zeigte Staudinger Verständnis: "Ich kann die persönlichen Gründe, die er genannt hat, nachvollziehen". Er könne verstehen, dass sich der Altkanzler manche Dinge, die mit der politischen Tätigkeit offenbar einhergehen würden, "nicht mehr antun" will.
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