Hausdurchsuchung bei Blümel wegen einer "Schlamperei"?
Es war eine Frontalattacke auf die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Anders lässt sich der Auftritt von ÖVP-Klubchef August Wöginger nicht beschreiben. Er sprach von "Schlampereien der WKStA", die die Hausdurchsuchung bei ÖVP-Finanzminister Gernot Blümel auslösten. Diese Verdächtigungen hätten dem "Amt geschadet" und seien "menschlich letztklassig". Fazit von Wöginger: So kann es mit der Justiz nicht weitergehen. Mehr Kontrolle muss künftig sein.
Seit Tagen läuft ein Schlagabtausch zwischen ÖVP und Justiz. Auslöser dafür ist ein Faktum in der Anordnung zur Hausdurchsuchung bei Blümel.
Hier wird neben dem Chatverkehr am 12. Juli 2017 zwischen Blümel und Ex-Novomatic-Chef Harald Neumann auch ein Termin zwischen Novomatic-Gründer Johann Graf und Sebastian Kurz, der am 25. Juli stattgefunden haben soll, als Rechtfertigung für die Hausdurchsuchung angeführt. Der Bundeskanzler sprach von einer Verwechslung – die Schwiegertochter von Graf heißt Martina Kurz. Sie war 2017 Mitglied des Novomatic-Aufsichtsrates. "Ich bin nicht Martina Kurz", meinte der Kanzler.
Martina Kurz spricht
Im Akt der WKStA wird explizit darauf hingewiesen, dass Grafs Schwiegertochter Martina Kurz heiße, man aber dennoch davon ausgehe, dass es sich um den Kanzler handle. Extra nachgefragt hat die WKStA im Büro des Novomatic-Gründers offenbar nie.
Gestern meldete sich Martina Kurz zu Wort. In einer eidesstattlichen Erklärung hält die Graf-Schwiegertochter fest: "Ich war im Juli 2017 Mitglied des Aufsichtsrates der Novomatic AG und hatte am 25.07.2017 um 13:00 Uhr einen persönlichen Termin mit Prof. Johann Graf. Es ist mir ein Anliegen, mit dieser Klarstellung die in den letzten Tagen öffentlich kommunizierte Verwechslung aufzuklären."
Die Argumentation der WKStA falle "wie ein Kartenhaus in sich zusammen", meinte Wöginger gestern sichtlich erregt.
Wie viel ist diese eidesstattliche Erklärung rechtlich gesehen aber wert?
Kurz ist im Gegensatz zu Blümel keine Beschuldigte in diesem Verfahren, sondern Zeugin. Das heißt, sie ist verpflichtet, die Wahrheit zu sagen. Wenn Martina Kurz diese eidesstattliche Erklärung der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht zur Verfügung stellt, kann sie sich bei Falschaussage wegen Meineids strafbar machen. Insofern hat ihre Erklärung durchaus Relevanz.
Trotz dieser Klarstellung von Martina Kurz will Blümel kein Rechtsmittel gegen die Hausdurchsuchung, die am 23. 12. 2020 genehmigt wurde, aber erst am 11. Februar stattfand, einbringen. Novomatic wird diesen Schritt hingegen machen. Unmittelbar nach der Hausdurchsuchung bei Blümel fuhr die WKStA weiter nach Gumpoldskirchen in die Novomatic-Zentrale und führte eine weitere Razzia durch. Novomatic-Anwalt Michael Rohregger kritisiert, dass sich die "Anordnung nur auf Vermutungen stützt, von denen sich bei zwei herausgestellt hat, dass sie nicht stimmen".
Krise für Türkis-Grün
Gespannt darf man sein, wie der momentane Justizminister Werner Kogler auf die Attacke der ÖVP auf die Justiz reagiert. Kogler hatte erst wenige Stunden vor der Pressekonferenz von Wöginger die umstrittene Drei-Tages-Berichtspflicht an die staatsanwaltschaftlichen Oberbehörden zurückgenommen.
Es muss zwar weiterhin etwa im Fall einer Hausdurchsuchung berichtet werden, künftig aber erst spätestens mit Beginn der Durchführung der Maßnahme. Für die Opposition ist klar: Diese Attacken seien "beschämend", so die Neos. Die SPÖ kritisiert, dass die Attacken "ein erschütterndes Bild einer einst staatstragenden Partei zeigen".
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