Es war ein einziger Satz, mit dem Christian Drosten ausgerechnet am Stefanitag eine Debatte losbrach: „Nach meiner Einschätzung ist die Pandemie vorbei“, hatte der Berliner Virologe im Interview mit dem Tagesspiegel erklärt.
Drosten hat in Sachen Pandemie in den vergangenen zweieinhalb Jahren oft recht gehabt. Was er sagt, ist ernstzunehmen. Und auch andere Virologen haben sich seinem Befund angeschlossen.
Kein Wunder also, dass in Deutschland schon politische Konsequenzen gefordert werden. Und auch in Österreich hätte ein erklärtes Pandemie-Ende Folgen.
Wie kommt Drosten zu seiner Einschätzung?
Der Virologe geht davon aus, dass die Immunität nach dem Winter so groß sein wird, dass das Virus im Sommer kaum noch durchkommen kann. Anders wäre das, wenn es zu einem weiteren Mutationssprung des Erregers kommt – das allerdings hält Drosten für unwahrscheinlich. „Wir erleben in diesem Winter die erste endemische Welle mit Sars-CoV-2“, erklärte er.
Was heißt „endemisch“?
Dass eine Krankheit „endemisch“ ist, heißt im Wesentlichen, dass die Krankheit da ist und nicht mehr verschwinden wird – wir also lernen müssen, damit zu leben. Bei einer Endemie bleibt im Unterschied zur Pandemie die Zahl der Erkrankungen über die Zeit relativ konstant.
Was bedeutet das für Österreich?
„Corona ist weiterhin da, wir werden diese kleinen Wellenbewegungen immer wieder haben“, hatte Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) kürzlich im KURIER-Interview gesagt. Man bereite sich nun „auf einen guten, geordneten Übergang“ zur endemischen Phase vor. Damit könnte auch die Meldepflicht von Corona-Infektionen fallen. Bis dato wurde allerdings noch keine fachliche Definition ausgesprochen, ab wann die Corona-Pandemie in eine endemische Phase übergeht, heißt es aus dem Gesundheitsministerium. Wichtig sei daher, die kommenden Entwicklungen abzuwarten.
Würden dann noch die täglichen Infektionszahlen veröffentlicht werden?
Fällt die Meldepflicht, ist eine Erhebung über das epidemiologische Meldesystem (EMS) nicht mehr wie bisher möglich. Allerdings: „Für die Überwachung der pandemischen Entwicklungen steht in Österreich ein gut aufgestelltes Surveillance System zur Verfügung. Österreich setzt dazu auf einen Mix aus der Auswertung des Abwassers aus den Kläranlagen und der Analyse von PCR-Proben und liegt hiermit im europäischen Spitzenfeld“, teilt das Gesundheitsministerium mit.
Wird es künftig gar keine Maßnahmen mehr geben?
Das Beratungsgremium Gecko warnte bereits davor, dass man Corona auch beim Übergang in eine Endemie nicht unterschätzen sollte. Selbst dann könnte es „zu massiven Beeinträchtigungen“ kommen, die lokale Maßnahmen nötig machen würden.
Wird es weiterhin Gratistests geben?
Derzeit stehen pro Person und Monat fünf gratis PCR-Tests sowie fünf gratis „Wohnzimmertests“ zur Verfügung. Wer darüber hinaus Tests macht, muss sie bezahlen. Diese Verordnung gilt laut aktuellem Stand bis 30. Juni 2023. Hier könne es gegebenenfalls zu einer Anpassung kommen, heißt es aus dem Gesundheitsministerium. Klar ist, dass Tests für bestimmte Personengruppen – wie bisher auch – kostenlos und unbeschränkt zur Verfügung stehen.
Wird Wien seinen strengeren Kurs in der Corona-Politik beibehalten?
Nach wie vor gelten in Wien strengere Regeln als in den anderen Bundesländern, etwa die Maskenpflicht in den Öffis. Auch nach den Aussagen von Drosten sehe man keinen akuten Handlungsbedarf, heißt es im Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ). „Um die Spitäler zu schützen“, wie es ein Sprecher formuliert, werde man die bestehenden Maßnahmen wohl bis Ende Februar weiterführen. Zu diesem Zeitpunkt läuft die aktuell gültige Verordnung aus. Im Herbst wurde das Beibehalten der Maskenpflicht damit begründet, dass es rund um Weihnachten und Neujahr zu einer größeren Infektionswelle kommen könnte. Diese ist bis dato ausgeblieben. „Mit einer Sieben-Tages-Inzidenz von rund 600 sind die Infektionszahlen in Wien aber weiterhin relativ hoch“, sagt der Hacker-Sprecher. Umso wichtiger sei es, den vorsichtigen Kurs weiter beizubehalten.
Kommentare