Raab forciert Arbeitsmarkt-Integration Vertriebener aus der Ukraine

Raab forciert Arbeitsmarkt-Integration Vertriebener aus der Ukraine
Großes Potenzial von rund 45.000 Arbeitskräften, nur 7.000 schon in Beschäftigung. Stimmung gegenüber Vertriebenen weiter positiv.

Angesichts des anhaltenden russischen Angriffskrieges hält Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) eine Änderung der Integrationsstrategie für die Ukraine-Flüchtlinge für geboten: Nach Erstversorgung und Unterbringung forciert sie jetzt die Arbeitsmarkt-Integration. Das Potenzial ist groß: 45.000 der 85.000 in Österreich aufhältigen (vorwiegend) Ukrainerinnen sieht das AMS als Arbeitskräftepotenzial - und derzeit seien nur 7.000 in Beschäftigung, erläuterte Raab am Freitag.

Potenzial für Arbeitskräftemangel

Auch mit Blick auf den aktuellen Arbeitskräftemangel "gilt es dieses Potenzial zu heben", sagte Raab in einer Pressekonferenz. Das Ministerium biete dabei Unterstützung, etwa mit Deutschkursen. Und in Kooperation mit großen Unternehmen wie der Post oder Ikea - die "riesigen Bedarf" an Arbeitskräften hätten - lade man zu Bewerbungen ein. Ukrainerinnen und Ukrainer, die in Deutschkursen oder bei den Servicepoints waren, werden in direkten Schreiben auf die möglichen Jobs hingewiesen.

Stimmung positiv aber "Tendenz geht nach unten"

In der Integration stehe man aktuell - mit 85.000 Ukraine-Geflohenen und 70.000 sonstigen Asylanträgen - vor einer enormen Herausforderung. Es gelte - mit konsequenter Asylpolitik, ebenso konsequenten Rückführungen und Kampf gegen illegaler Migration - alles zu tun, um die Aufnahmebereitschaft zu erhalten, meinte Raab. Die Stimmung gegenüber den Kriegsflüchtlingen ist zwar immer noch positiv, zeigte auch das neue "Spezialbarometer Ukraine", das Peter Hajek für den Österreichischen Integrationsfonds erstellt hat. Aber "die Tendenz geht nach unten", die Bereitschaft zur Aufnahme sei etwas gesunken, stellte Raab fest.

Deshalb ist es aus ihrer Sicht Zeit für einen "Wendepunkt" in der Integration der (vorwiegend) Ukrainerinnen, deren Bleibeperspektive mittlerweile auch eine mittelfristige sei. Jetzt sei es an der Zeit, die "Selbsterhaltungsfähigkeit" zu forcieren. In diesem Sinn distanzierte sich Raab auch von der Forderung von AMS-Chef Johannes Kopf, Ukraine-Geflohene in die Sozialhilfe aufzunehmen. Nach Erstaufnahme und Unterbringung müsse die Massage jetzt "Selbsterhaltung" sein - und nicht, diese Menschen ins Sozialsystem zu überführen.

Untersuchungen des AMS hätten gezeigt, dass die Bereitschaft der Menschen aus Ukraine, hier Arbeit aufzunehmen, groß sei. Deshalb hofft Raab auch, das "große Potenzial vollständig heben zu können". Kein großes Problem sieht sie bei der Kinderbetreuung: In den 45.000 potenziellen Arbeitskräften seien Frauen mit nicht deckbarem Kinderbetreuungsbedarf (etwa mit sehr kleinen Kindern) nicht enthalten.

Welle der Hilfsbereitschaft sinkt

Auch wenn - im Vergleich mit April - die Welle der Hilfsbereitschaft und Empathie leicht abgeflaut ist, ist die Haltung gegenüber den Menschen aus der Ukraine in Österreich positiv, zeigte das "Spezialbarometer Ukraine", für das im August 1.000 Staatsbürger online oder telefonisch befragt wurden. In Summe erwarten sich die Österreicher immer noch eine gelungene Integration der vom russischen Angriffskrieg Vertriebenen, berichtete Peter Hajek ("Public Opinion Strategies").

Österreicher sehen Zusammenleben positiver als mit andern Zuwanderern 

50 Prozent der Befragten sehen das Zusammenleben mit den Ukrainerinnen und Ukrainern positiv, 14 Prozent sogar als "sehr gut" - und nur 17 Prozent eher negativ. Das ist deutlich besser als gegenüber anderen Gruppen: Das Zusammenleben mit Zuwandern generell beurteilten (Stand April) 44 Prozent positiv, mit Muslimen 28 Prozent.

47 Prozent gingen im Ukraine-Barometer auch davon aus, dass die vom Angriff Russlands Vertriebenen besser integriert werden können als andere Flüchtlinge, 35 Prozent erwarten "in etwa gleich". Sehr groß ist die Zustimmung zum Zugang zu Schule (47 Prozent stimmten "sehr zu", 6 Prozent "gar nicht"), Arbeitsmarkt (45 bzw. 7 Prozent) und auch zum Gesundheitssystem (35 bzw. 10 Prozent) für die Menschen aus der Ukraine.

Von einem größeren Teil kritisch gesehen wurde allerdings, dass sie ohne Einzelfallprüfung einen besonderen Schutzstatus bekommen: 48 Prozent waren dafür, aber 46 Prozent dagegen. Ähnlich beim Zugang zu Sozialleistungen, mit 45 Prozent dafür und 47 dagegen.

Wenig Sorge wegen Arbeitsintegration von Ukrainern

Keine große Sorge macht den Österreichern die Integration in den Arbeitsmarkt: Nur ein Drittel erwartet durch die Aufnahme der Ukraine-Vertriebenen erschwerte Bedingungen für Österreicher, 62 Prozent teilten diese Sorge nicht. Etwas gesunken sind im Vergleich zum April die Offenheit gegenüber weiteren Aufnahme (58 nach damals 72 Prozent) und das Vertrauen in die Bewältigungsstrategie Österreichs: 56 Prozent (nach 65 im April) sind der Meinung, dass Österreich Aufnahme und Integration gut bewältigen wird.

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