Pröll, Schelling, Löger, Blümel: Wie ÖVP-Finanzminister unter Verdacht gerieten
Der letzte Schlag der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft trifft Hans Jörg Schelling. Seit voriger Woche wird der frühere ÖVP-Politiker und Wirtschaftskämmerer offiziell als Beschuldigter geführt.
Schelling ist der vierte ÖVP-Finanzminister der jüngeren Vergangenheit, gegen den die Korruptionsjäger ermitteln.
Karl-Heinz Grasser, der in erster Instanz (nicht rechtskräftig) bereits zu acht Jahren Gefängnisstrafe verurteilt ist, ist da noch gar nicht mitgezählt. Grasser hat laut Richterin seine amtlichen Befugnisse missbraucht und dem Staat knapp zehn Millionen Schaden verursacht. Grasser (Finanzminister von Februar 2000 bis Jänner 2007) war 2002 unter Kanzler Wolfgang Schüssel von der FPÖ zur ÖVP gewechselt.
Ermittlungen gegen Pröll ziehen sich
Ermittlungen führt die Staatsanwaltschaft gegen Josef Pröll. Die Vorwürfe gegen ihn stammen allerdings nicht aus seiner Zeit als Finanzminister (Dezember 2008 bis April 2011), sondern aus dem Jahr 2019, als Pröll Vize-Präsident im Aufsichtsrat der Casinos war. Der Vorwurf lautet: Er habe zugestimmt, mit Millionenabfertigungen aus dem Casinos-Eigentum den damaligen Vorstand vorzeitig abzulösen, damit – politisch paktiert – für Peter Sidlo ein Posten frei wurde. Die Ermittlungen gegen Pröll laufen bereits seit November 2019. Einen Antrag Prölls auf Einstellung des Verfahrens wegen langer Ermittlungsdauer hat das Straflandesgericht Wien im Juli 2021 abgewiesen. Die WKStA hat damals, laut Standard, eine „zeitnahe Enderledigung“ zugesagt. Seither sind bereits wieder acht Monate ins Land gezogen, und es wird weiter ermittelt.
Löger erzielte Teilerfolg
Der Sidlo-Pakt, auf den sich die WKStA beruft, soll zwischen dem damaligen Casinos-Teileigentümer Novomatic und der FPÖ während der türkis-blauen Koalition vereinbart worden sein. ÖVP-Finanzminister und damit zuständig für die Casinos war damals Hartwig Löger. Auch gegen ihn wird in der Causa Casinos noch ermittelt. In einem anderen Verdachtsfall, bei dem es um Spenden an die ÖVP ging, ist das Verfahren seit November 2021 eingestellt. Die WKStA schrieb, sie konnte Löger „keine strafbare Handlung nachweisen“. Löger kehrte nach zwei Jahren als Minister der Politik den Rücken und wechselte wieder in seine angestammte Versicherungsbranche.
Dünne Suppe bei Blümel
Als Beschuldigter wird weiterhin Gernot Blümel geführt, Finanzminister von Jänner 2020 bis Dezember 2021. Auch Blümel geriet wegen seines Kontakts zu Novomatic ins Visier der Korruptionsermittler. Der Verdacht: Die Republik soll Novomatic bei einer Steuerschuld in Italien geholfen haben, im Gegenzug soll es eine Spende an die ÖVP gegeben haben. Der verdächtige Vorgang datiert aus dem Jahr 2017, Blümel war damals nicht Finanzminister. Er sollte aber auf Novomatic-Bitte einen Termin beim damaligen Außenminister Sebastian Kurz arrangieren. Alle Genannten dementieren die Vorwürfe, die Ermittlungen laufen seit Februar 2021.
Schelling in Causa Wolf eingeschaltet
Bei Blümel war die Verdachtslage von Anfang an dünn, bei Hans Jörg Schelling kann man das nicht sagen, obwohl selbstverständlich auch für ihn, wie für alle Genannten, die Unschuldsvermutung gilt. Schelling war von September 2014 bis Dezember 2017, also mehr als drei Jahre, Finanzminister. Sein Generalsekretär und Kabinettschef war Thomas Schmid. In diese Zeit fiel die Causa Siegfried Wolf, jenes superreichen Managers, der seine Steuerschuld nicht begleichen wollte und im Finanzministerium intervenierte. In den mutmaßlich illegalen Steuernachlass für Wolf soll der damalige Ressortchef Schelling laut Chat-Kommunikation eingebunden gewesen sein. Die WKStA wirft Schelling vor, „Weisungen aus sachfremden Motiven“ erteilt zu haben, um dem ÖVP-nahen Manager Wolf Vermögensvorteile zu verschaffen.
Spektakuläre Fälle um gefälschte Umfragen
Zur Parade der beschuldigten ÖVP-Finanzpolitiker gesellen sich überdies zwei spektakuläre andere Fälle: Die Ermittlungen gegen den gefallenen türkisen Superstar Sebastian Kurz wegen Falschaussage und als Nutznießer in der Affäre um gefälschte Umfragen.
Die ehemalige Familienministerin Sophie Karmasin sitzt überhaupt seit Anfang März in U-Haft. Ihr attestiert die Justiz „kriminelle Energie“, weil sie mehrfach versucht habe, sich Steuergeld zu „organisieren“.
Kommentare