Pröll-Abgang als Brandbeschleuniger für Neuwahlen
Eines steht fest: Machttechnisch ist der Rückzug von Erwin Pröll für die ÖVP ein riesiger Verlust. Niederösterreich ist die stärkste Bastion der ÖVP. Das Land stellt 1,28 Millionen Wahlberechtigte, das sind 20 Prozent der Gesamtwählerschaft Österreichs (Wien hat 1,16 Millionen Wahlberechtigte).
Pröll hat in Niederösterreich drei Mal hintereinander die absolute Mehrheit erreicht und die Position des Landeshauptmanns für die ÖVP gesichert. Er hat auch bei Bundeswahlen viel zum ÖVP-Ergebnis beigesteuert. Bei der Nationalratswahl 2013 kamen 310.354 ÖVP-Stimmen aus Niederösterreich, das waren überdurchschnittliche 28 Prozent der Gesamtzahl der ÖVP-Stimmen.
Eine andere Vergleichszahl: In Niederösterreich erreichte die ÖVP bei der Nationalratswahl 2013 einen Stimmenanteil von 30,6 Prozent, bundesweit kam sie auf 24 Prozent.
Lässt Niederösterreich aus, hat die ÖVP auf Bundesebene keine Chance, um den ersten Platz mitzuspielen.
Die nächste Landtagswahl in Niederösterreich muss spätestens im März 2018 stattfinden. Johanna Mikl-Leitner ist weit davon entfernt, Prölls 51 Prozent vom März 2013 zu erreichen, in Umfragen hat sie nur einen Dreier vorne. Das heißt, die NÖ-VP muss sich auf einen Plumps in zweistelliger Höhe gefasst machen. Es ist sogar möglich, dass sie beim Machtpoker im Landtag den Landeshauptmann-Posten verliert.
Eine erfolgsverwöhnte ÖVP-Niederösterreich, die an einer historischen Wahlniederlage kiefelt und in Nachwahl-Wehen verstrickt ist, wird kaum in der Lage sein, sich mit voller Kraft in einen Bundeswahlkampf zu stürzen.
Nationalratswahl vor NÖ-Wahl?
Das spricht dafür, dass die Bundes-ÖVP vor Niederösterreich wählen müsste. Hinzu kommt: Pröll hätte die Statur gehabt, in Niederösterreich einen sehr eigenständigen Landtagswahlkampf zu führen und so den negativen Bundestrend einzudämmen. Mikl-Leitner wird das als Kurzzeit-Landeshauptfrau kaum gelingen – noch dazu, wo sie Ministerin der ungeliebten rot-schwarzen Koalition war. Indem die ÖVP zu Sebastian Kurz umschwenkt, könnte sie ihren Kurswert insgesamt steigern.
Auch Bürgermeister Michael Häupl kommt die Neuwahl-Gefahr zupass: So kann er seiner Partei sagen, sie soll aufhören zu streiten, weil "Gefahr droht".
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