Politiker im Visier der Justiz: ÖVP und FPÖ am stärksten vertreten
Die Liste an Politikern und Ex-Politikern, bei denen die Staatsanwaltschaft angeklopft hat, wird immer länger. Die Vorwürfe: Bestechlichkeit, Untreue, Betrug, Verletzung des Amtsgeheimnisses. Der KURIER gibt einen Überblick.
Spur zu Marsalek
2019 brachte das Ibiza-Video den Stein ins Rollen: Der damalige FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache und sein Weggefährte Johann Gudenus wurden wegen möglicher verdeckter Parteispenden angezeigt, später auch der FPÖ-Abgeordnete Markus Tschank, der in einigen FPÖ-nahen Vereinen Funktionen hatte. Die Ermittlungen wurden im Vorjahr eingestellt, gegen Strache wird noch in der Spesenaffäre ermittelt.
Bei zwei weiteren FPÖ-Politikern wurde rund um möglichen Mandatskauf ermittelt: Die ehemalige EU-Abgeordnete Barbara Kappel soll von einem bulgarischen Geschäftsmann Geld angenommen haben, um dieses an ihre Partei weiterzuleiten. Ihr Platz auf der FPÖ-Liste für die EU-Wahl 2019 soll damit verknüpft gewesen sein, lautete der Verdacht.
Ähnlich gelagert ist der Fall Thomas Schellenbacher: Auch für sein Mandat, diesmal im Nationalrat, soll Geld aus der Ukraine geflossen sein. Er soll der FPÖ für sein Mandat zwei Millionen Euro versprochen haben. Schellenbacher taucht auch im Wirecard-Skandal auf: Er soll dem international gesuchten Ex-Wirecard-Chef Jan Marsalek zur Flucht verholfen haben.
Von Blümel bis Brandstetter
Die Ermittlungen in der Ibiza-Causa führten im Sommer 2019 zur Casinos Austria AG. Die Bestellung des Ex-FPÖ-Bezirksrats Peter Sidlo soll mit einem politischen Deal verbunden gewesen sein. In der Causa wird u. a. gegen Ex-ÖVP-Vizekanzler Josef Pröll (2008 bis 2011), der im Casag-Aufsichtsrat sitzt, ermittelt – sowie gegen Ex-ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger (2017 bis 2019). Von beiden wurden auch die Handys sichergestellt. Aus der ehemaligen türkis-blauen Regierung geriet auch Hubert Fuchs, Ex-FPÖ-Staatssekretär im Finanzministerium (2017 bis 2019), ins Visier.
Im Februar wurde bekannt, dass auch der aktuelle Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) als Beschuldigter geführt wird, diesmal im Zusammenhang mit möglichen Parteispenden der Novomatic.
Seit Donnerstag steht mit dem Verfassungsrichter Wolfgang Brandstetter ein Ex-Justizminister (2013 bis 2017, auf ÖVP-Ticket) auf der Liste (siehe S. 3). Bei ihm geht es um mögliche Verletzung des Amtsgeheimnisses in der Causa Heumarkt/Tojner.
Auch ein SPÖ-Politiker hat Ärger mit der WKStA: Dem mächtigen Wiener Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy wird unter anderem Bestechlichkeit und Verletzung des Amtsgeheimnisses vorgeworfen. Er soll Infos zu einem Grundstücksdeal unerlaubt weitergegeben haben – und dafür unter anderem VIP-Fußballtickets erhalten haben.
Für alle gilt die Unschuldsvermutung.
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