Ob dieses Koalitionsprojekt gelinge, werde letztlich ganz stark vom Willen der Protagonisten abhängen, meint die Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle im Gespräch mit dem KURIER. Bei Türkis-Blau habe man gedacht, es passe kein Blatt zwischen die beiden Regierungsparteien – mit bekanntem Ausgang. Vielleicht gebe es nun eine „umgekehrte Überraschung“, so Stainer-Hämmerle.
Gleichwohl sieht sie im Regierungsprogramm etliche harte Brocken für die Grünen und deren Sympathisanten, insbesondere im menschenrechtlichen Bereich. Hier seien, so sagt sie, die einschlägigen NGOs wohl zu Recht enttäuscht, während die im Umweltbereich tätigen Aktivisten und Organisationen mehr Anlass zu vorsichtigem Optimismus hätten.
Mögliche Bruchstelle
Den im Regierungsprogramm für den Fall einer Flüchtlingskrise geschaffenen koalitionsfreien Raum hält Stainer-Hämmerle für eine mögliche Bruchstelle: Sollte es tatsächlich dazu kommen, dass sich hier Mehrheiten außerhalb der Koalition bilden, so sei schwer vorstellbar, dass man danach wieder zur Tagesordnung übergehe.
Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer sieht das nicht ganz so dramatisch. Ob im Falle eines solchen „Seitensprungs“ die Ehe zerbreche, hänge davon ab, wie es sonst um diese bestellt sei.
Bachmayer glaubt aber nicht, dass der Komplex Migration/Asyl/Integration zum großen Problem dieser Regierung wird. Es könnte vielmehr für die Grünen sogar ein strategischer Vorteil sein, hier nachgegeben zu haben; ein „Rechtsruck“ bedeute für die Grünen eine Bewegung hin zur Mitte, und dort seien Wähler zu gewinnen. Diese, die Wähler, ticken anders als Funktionäre – und das gelte auch für die Grünen, ist Bachmayer überzeugt. Auch die teils aufgeregten Reaktionen auf die geplante Präventivhaft beurteilt er in diesem Licht.
Generell gibt der Meinungsforscher dem neuen Bündnis gute Chancen: Die ÖVP habe ihre rechte Flanke mit dem Programm gut abgesichert, die Grünen müssten ihre Chance einer „sanften Transformation“ wahrnehmen.
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