Nein, ich persönlich sehe überhaupt niemanden als meinen politischen Feind an. Aber natürlich positionieren sich die Parteien vor einer entscheidenden Wahl. Es geht einfach darum, das eigene Profil zu schärfen. Dass es da Überschneidungen geben kann, ist klar. Aber die Koalition in Wien funktioniert sehr gut. Wir konnten viele Sachprobleme lösen.
Aber jetzt haben Sie zum Beispiel die Citybikes der Frau Hebein weggenommen und den Wiener Linien gegeben. Das war schon ein unfreundlicher Akt. Was stand da dahinter?
Nein, das seh ich gar nicht so. Es wäre für das zuständige Ressort in den vergangenen Monaten ja genug Möglichkeit gewesen, eine Lösung herbeizuführen. Zudem war eine Lösung mit den Wiener Linien der Wunsch der Grünen. Mir war nur wichtig, dass es jetzt nicht lange ein Interregnum gibt. Darum gab ich heute entschieden, dass die Wiener Linien das Projekt übernehmen sollen.
Gerade in Corona-Zeiten wird der Individualverkehr wichtiger. Ist es da wirklich sinnvoll, mit Begegnungszonen, Pop-up-Radwegen und Co. das Autofahren zu behindern?
Wir haben in Wien ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Öffentlichem und Individualverkehr, Radfahrern und Fußgängern und es ist uns in den vergangenen Jahren gelungen, mehr Menschen auf die Öffis zu bringen. Das hat mit dem günstigen 365-Euro-Jahrestarif zu tun. Aber auch damit, dass wir in den Ausbau der Öffentlichen Verkehrsmittel viel Geld investiert haben. Mir ist ein gutes Miteinander aller Verkehrsteilnehmer wichtig. Dazu gehören Radfahrer, aber auch Autofahrer. Wobei wir genau hinschauen, welche Radwege angenommen werden und welche nicht. Das wird evaluiert. Wichtig ist, alle Verkehrsteilnehmer zu gleichen Teilen zu berücksichtigen.
Und wer braucht einen Pool am Gürtel?
Das war eine Entscheidung von zwei Bezirken, die damit demonstrieren wollten, dass sie auch über den Gürtel hinweg gut kooperieren. Wie das angenommen wird, wird man sehen. Persönlich glaub ich aber, dass es auch hier ein gutes Miteinander von Freizeiteinrichtung und Verkehrsfläche braucht.
Interview im Daily Podcast zum Nachhören:
Der Gürtel ist ja ein neuralgischer Punkt, auf dem es relativ viele Staus gibt. Das könnte sich dadurch verschärfen.
Es wird ja nicht direkt am Gürtel sein, sondern auf einer Verbindungsstraße zwischen den beiden großen Gürtelstraßen. Daher die Annahme, dass es im Sommer, wenn weniger Verkehr unterwegs ist, möglich sein wird, diese Fläche zu nutzen. Aber schauen wir einmal, wie das anläuft.
Themenwechsel. Jetzt haben die Neos eine Dirndl-Koalition von Türkis, Pink und Grün ausgeschlossen. Kommt Ihnen da im Wahlkampf nicht das Schreckgespenst abhanden?
Ich benötige kein Schreckgespenst. Aber ich erinnere mich da an so manche Ankündigung vor Wahlen. Etwa als ein namhafter Grünpolitiker sagte, mit der ÖVP, dieser „Schnöseltruppe unter Sebastian Kurz“, werde es keine Koalition auf Bundesebene geben. Und man schaue sich an, wer im Bund jetzt koaliert. Manches Mal sind Ankündigungen vor einer Wahl und das, was danach passiert, nicht vergleichbar.
Aber realistisch ist es nicht. Weil die ÖVP wird, selbst wenn sie gut ist, nur halb so viele Stimmen haben wie Sie.
Was man nie übersehen sollte, ist: Die Entscheidung, wer Bürgermeister wird, wird ja nicht am 11. Oktober getroffen. Da wird nur die Zusammensetzung des Wiener Gemeinderates gewählt. Danach entscheiden 100 Gemeinderäte in einer geheimen Abstimmung.
Also das Schreckgespenst bleibt?
Ich würde nicht Schreckgespenst sagen. Aber man muss den Wählern ganz deutlich sagen, welche Entscheidung sie mit ihrer Stimme treffen. Ich sehe das also eher als Akt der Aufklärung.
Jetzt gibt’s eine riesige Debatte: „Wohnt Heinz-Christian Strache tatsächlich in Wien?“ Sie werben in Floridsdorf. Wohnen Sie wirklich dort?
Ja, in Strebersdorf. Das ist ein schöner Teil von Floridsdorf. Aber wir haben in Floridsdorf eh nur schöne Teile. Daher freut es mich, dort als Spitzenkandidat anzutreten.
Zuletzt gab es ziemlich viele Beschmierungen von Denkmälern. Wann wird das eigentlich vom Lueger-Denkmal entfernt? Leser haben uns darauf hingewiesen.
Dafür hab ich kein Verständnis. Richtig ist, dass Karl Lueger historisch umstritten ist. Er war ein sehr erfolgreicher Wiener Bürgermeister, hatte aber auch die Schattenseite des Antisemitismus – den er als politische Waffe eingesetzt hat. Trotzdem halte ich von Beschmierungen gar nichts. Wir haben schon vor längerer Zeit als Stadt eine inhaltliche Darstellung seines Wirkens neben dem Denkmal errichtet, um auf die positiven Seiten von Karl Lueger, aber auch auf die Schattenseiten aufmerksam zu machen. Wir bemühen uns, solche Beschmierungen rasch zu entfernen. Im konkreten Fall sind sie allerdings wiederholt aufgetreten.
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