Am 8. November sollen sie abgeschlossen sein – die Sondierungsverhandlungen jener zwei Parteien, die sich bei der Nationalratswahl über den größten Stimmenzugewinn freuen konnten: ÖVP (37,5 %, + 6 %) und Grüne (13,9 %, + 10,1 %). Erst danach werde über Koalitionsverhandlungen entschieden, lässt Wahlsieger und ÖVP-Chef Sebastian Kurz wissen.
Der Ex-Kanzler hat die Wahl: Grüne, SPÖ und Neos stehen für Koalitionsverhandlungen zur Verfügung. Der Ex-Regierungspartner FPÖ sieht sich ob des herben Wahlverlustes (16,2 %, – 9,8 %) jedenfalls offiziell auf dem Weg in die Opposition.
Die 503 vom OGM-Meinungsforschungsinstitut Befragten sind in puncto Regierungsverhandlungen gespalten: 47 Prozent sprechen sich dafür aus, dass Kurz mit Grünen-Chef Werner Kogler bis zu einem erfolgreichen Abschluss verhandeln soll. 45 Prozent sind dafür, dass die ÖVP auch mit SPÖ und FPÖ Verhandlungen aufnimmt.
Eindeutiger ist, was am Ende der Verhandlungen stehen soll: laut einem Votum von 42 Prozent eine türkis-grüne Regierung. Die Zustimmung sei „einem Cocktail aus derzeit wichtigen Themen wie Klima und den handelnden Personen“ geschuldet, sagt OGM-Chef Wolfgang Bachmayer. „Interessant ist das Ergebnis hinsichtlich der Wählergruppe. Knapp die Hälfte der ÖVP-Wähler wünscht sich eine Koalition mit den Grünen, immerhin jeder Dritte eine Fortsetzung mit den Blauen. Und entgegen der Skepsis von manch einem Grünen-Funktionär stehen die Grün-Wähler mit 96 Prozent geschlossen hinter einer möglichen Partnerschaft mit der ÖVP.“
Fünf „Herausforderungen“ haben Kurz, Kogler und deren Sondierungsteams definiert, die es im Fall einer Regierungsbildung zu meistern gilt: Klimakrise, Wirtschaftsabschwung, Migration, Bildung und Transparenz.
Aus OGM-Sicht gibt es „nur ein echtes Hindernis: Migration. Hier kann Kurz auch in Hinblick auf die seit 2017 zu ihm übergewanderten FPÖ-Wähler nur wenig nachgeben“, analysiert Bachmayer. Eine Mehrheit von 57 Prozent befindet, dass die Grünen in Migrationsfragen nachgeben sollen – in Relation „nur“ 33 Prozent, dass die ÖVP von ihrem Standpunkt abrücken soll.
Kurz habe „in Migrationsfragen kaum einen Spielraum. Andernfalls hat Ex-Innenminister Herbert Kickl leichtes Spiel für ein Wähler-Rückholprogramm von Türkis zu Blau. Messbar wird das spätestens bei der wichtigen Wien-Wahl 2020.“ In Fragen des Klimaschutzes ist das Votum genau umgekehrt. 57 Prozent sagen, dass die ÖVP hier nachgeben soll.
Kompromissbereitschaft zeigen können beide Parteien laut OGM-Chef „ohne Gesichtsverlust“ bei der ein oder anderen Anpassung bei der Mindestsicherung oder der Sozialversicherungsreform.
Für „denkunmöglich“ hielt Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer jüngst einen grünen Wirtschaftsminister, woraufhin Grünen-Chef Kogler ihm prompt „mangelnde Fantasiebegabung“ attestierte. „Überraschenderweise gibt es beim Ziel eines Nulldefizits und auch bei großen Standortthemen insgesamt wie auch bei Grün-Wählern ein hohes Kompromisspotenzial“, sagt Bachmayer. „Hier denken die Grün-Wähler offensichtlich anders als die Funktionäre.“
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