Pilz über Türken-Pässe: "Müssen reinen Tisch machen"

Peter Pilz: "Passiert ist nichts."
Der Grüne Peter Pilz beharrt auf einer Amnestie für Pass-Sünder. Er wirft dem Innenminister in der Türkenfrage vor, den Kopf in den Sand zu stecken.

KURIER: : Herr Pilz, Ihre grüne Parteikollegin Berivan Aslan hat eine Amnestie für die mehr als 10.000 türkischen Pass-Sünder gefordert. Ist das auch ein Lösungsmodell für Sie?

Peter Pilz: Man sollte eine Frist setzen. Wenn die Türken binnen dieser Frist glaubwürdig nachweisen können, dass sie die türkische Staatsbürgerschaft zurückgelegt haben, dann können sie die österreichische behalten. Passiert das nicht, ist die österreichische Staatsbürgerschaft weg. Diese Warnung ist ganz wichtig, weil wir endlich reinen Tisch machen müssen.

Warum?

Es geht einfach nicht, dass sich Erdoğan-Aktivisten als Österreicher verkleiden, um zu bespitzeln, zu destabilisieren und hier türkische Verhältnisse einführen zu wollen. Das ist ein klarer Missbrauch des Staatsbürgerschaftsrechts.

Klingt nach Türken raus?

Überhaupt nicht. Das Innenministerium muss die gut integrierten Türken schützen. Das sind gute, anständige Menschen, die unseren Schutz verdienen. Damit jemand ein guter Österreicher ist, interessiert es mich nicht, woher die Großmutter kommt. Entscheidend ist die Einstellung zu den Grundsätzen unseres Zusammenlebens.

Selbst wenn man diese Schonfrist gewährt, ist es nicht sicher, ob sich alle Pass-Sünder melden. Laut Innenministerium gibt es keine Möglichkeit der Überprüfung...

Das stimmt nicht. Es gibt technische Möglichkeiten. Die Behörden wissen, alle wissen es , aber es wurde seit Jahren verschlampt. Ich habe vor einem Jahr in der Wiener MA 35 (Magistratsabteilung für Einwanderung und Staatsbürgerschaften) angerufen, um nachzufragen, ob sie sich dieses Problems bewusst sind. Mir wurde sehr freundlich geantwortet: "Ja, aber wir haben nicht vor, aktiv zu werden." Vom Innenministerium habe ich dieselbe Antwort erhalten. Das Problem beim Vollzug des Staatsbürgerschaftsgesetzes ist nicht das Gesetz oder die Daten, sondern der Innenminister: Er tut nichts. Das ist derzeit die österreichische Türkei-Politik.

Das Innenministerium meint, es könne keine Planquadrate vor der türkischen Botschaft machen und sei auf den Zufall angewiesen...

Das Innenministerium hat sich bis heute nicht mit der MA 35 in Wien zusammengesetzt. Das Verteidigungsministerium hat vergangenen Herbst eine Warnung vor einem Reisepass-Missbrauch an das Innenministerium geschickt. Passiert ist nichts.

Wie kann man das Problem mit den Türken lösen?

Das ist ganz einfach: Integration und den Rechtsstaat einhalten. Wir müssen unsere Türken, die sich integriert haben, vor der Erdoğan-Bespitzelung schützen. Deswegen gehören die Vereine ATIB und UETD aufgelöst. Sie sind im höchstem Maße verdächtig, nachrichtendienstliche Tätigkeiten zum Nachteil der Republik Österreich zu machen. Meine Unterlagen im Fall ATIB habe ich der Staatsanwaltschaft schon gegeben und UETD wird bald folgen. UETD etwa ruft im Internet zu Bespitzelungen auf. Auch meine Parteikollegin Berivan Aslan wird von der UETD als Terroristin geführt. Aber auch SPÖ-Klubchef Andreas Schieder. Die sind wirklich außer Rand und Band und gehören vor Gericht.

Wenn die Bespitzelungen über den Religionsattaché in der Botschaft laufen und der Aufsichtsrat von ATIB im Ankara sitzt, steht man vor dem Problem, dass man die Drahtzieher nicht fassen kann. Oder?

Diplomaten genießen natürlich die Immunität, aber der Außenminister kann sie des Landes verweisen. Das sollten wir auch tun. Die Vereine gehören aufgelöst und die führenden Vereinsmanager in Österreich sind sehr wohl greifbar. Das sind keine Kulturvereine, sondern sie arbeiten wie die "Stasi". In Österreich wird derzeit gerade das Management der Turkish Airlines aufgelöst und mit Mitarbeitern ersetzt, auf die man sich politisch verlassen kann. So will das Erdoğan-Regime an die Passagierlisten herankommen. Der Innenminister schaut systematisch weg und steckt den Kopf in den Sand. Außen- und Innenminister machen zwar viel Krach um die Türkei, aber sie handeln nicht. Es ist ja absurd: Der Innenminister will unser Demonstrationsrecht einschränken, aber den Rechtsstaat exekutiert er in der Türkenfrage nicht.

Pilz über Türken-Pässe: "Müssen reinen Tisch machen"
Interview mit Peter Pilz im Parlament. Wien, 10.12.2015

Was ist der Grund?

Die AKP in Österreich, also ATIB, Müsiad und UETD, war so etwas wie der Türkenbund der ÖVP. Es gibt Wahlplakate von Ex-VP-Chef Michael Spindelegger oder Außenminister Sebastian Kurz mit dem ehemaligen ÖVP-Nationalratskandidaten Hasan Vural, welcher eindeutig dem Umfeld der UETD/AKP angehört (Pilz zeigt die Fotos). Das ist unser Bollwerk gegen die Türkei (lacht). Ich bin die Wahllisten auf Gemeinde- Landes- und Bundesebene durchgegangen, man findet überall AKP-Leute auf schwarzen Listen. Die ÖVP muss hier endlich einen Schnitt machen.

Es gibt das Gerücht, dass Sie von den Kurden mit Infos gegen die Türken versorgt werden...

Ich habe dieselben Quellen und Dokumente wie die Bundesanwaltschaft in Berlin.

Sollen türkische Wahlkampfauftritte verboten werden?

Das ist eine falsche Politik. Wir sind eine starke Demokratie. Ich würde den Spieß umdrehen. Laden wir den türkischen Außenminister ein, mieten wir eine große Halle an und zwingen wir ihn, dass er öffentlich mit unseren Abgeordneten diskutiert. Jede Debatte endet mit einer Niederlage der Erdoğan-Vertreter. Da frage ich mich: Warum sollen wir kneifen? Wie sind die Stärkeren.

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