Nach Saudi-Zentrum: Pilz will auch Botschaft schließen lassen

Nach Saudi-Zentrum: Pilz will auch Botschaft schließen lassen
Wegen der bevorstehenden Hinrichtung eines Teenagers in Saudi-Arabien wird das König-Abdullah-Zentrum in Wien geschlossen.

Das umstrittene König-Abdullah-Zentrums (KAICIID) in Wien wird geschlossen. Ein entsprechender Antrag der Liste Jetzt wurde heute im Parlament mit Stimmen von SPÖ, FPÖ, Neos und Jetzt angenommen. Lediglich die ÖVP stimmte dagegen.

Das Errichtungsübereinkommen und das Amtssitzabkommen werden von österreichischer Seite gekündigt. "Das heißt, das Zentrum muss innerhalb der nächsten 14 Tage zugesperrt werden", sagte Peter Pilz auf KURIER-Nachfrage und spricht von einem "großen Erfolg".

Außenministerium will Beschluss umsetzen

Für die formelle Schließung ist nun Außenminister Alexander Schallenberg verantwortlich. Der Entschließungsantrag ist nur ein symbolischer Akt. Das Außenministerium hat allerdings bereits angekündigt, den Beschluss umsetzen zu wollen.

"Es gibt einen klaren Beschluss des Nationalrates, der umzusetzen ist", verlautete am Mittwoch aus dem Außenministerium gegenüber der APA. Außenminister Alexander Schallenberg "hat bereits die Prüfung aller rechtlich notwendigen Schritte beauftragt".

"Er wird dafür Sorge tragen, dass die Umsetzung ohne Schaden für Österreichs außenpolitische Interessen und im Rahmen der internationalen Gepflogenheiten erfolgt", teilte das Außenministerium weiter mit. 

Pilz will auch saudische Botschaft schließen

Der nächste Schritt sei nun die Schließung der saudischen Botschaft und die Ausweisung von Botschaftern, sagt Pilz und spricht von einem internationalen Signal: "Das kommt sicher auch in Riad an."

ÖVP will neues Zentrum

Die ÖVP will das König-Abdullah-Zentrum zwar auch schließen, wird jedoch einen eigenen Antrag einbringen. Dieser macht sich für ein neues Zentrum stark. Dieses soll unter Obhut der UNO ebenfalls in Österreich angesiedelt sein und sich dem interreligiösen Dialog widmen.

Teenager soll geköpft und gekreuzigt werden

Das KAICIID gilt rechtlich als zwischenstaatliche Organisation mit Österreich, Spanien, dem Vatikan und Saudi-Arabien als Vertragsparteien und hat sich dem Kampf für internationale "Menschenrechte" verschrieben. Zuletzt forderten mehrere Parteien eine Schließung.

Die drohende Hinrichtung des 18-jährigen Murtaja Qureiris in Saudi-Arabien hat die Diskussion weiter angeheizt. Als Zehnjähriger hat Qureiris unter anderem an einer Fahrraddemonstration teilgenommen, er soll nun geköpft, gekreuzigt und öffentlich zur Stau gestellt werden. Der Teenager wurde laut Urteilsbegründung als "Terrorist" eingestuft. Empört und fassungslos waren die internationalen Reaktionen auf die entsprechenden Berichte.

Diplomatische Sanktionen angedroht

Die Ziele des Zentrums mit saudi-arabischem Konnex seien nicht mit der Hinrichtung eines Teenagers vereinbar seien, sagte Jetzt-Listengründer Peter Pilz gegen Mittag und forderte "drastische Sanktionen" gegen das KAICIID.

"Angesichts der schweren und permanenten Menschenrechtsverletzungen durch das Königreich Saudi-Arabien muss die Bundesregierung vom entsprechenden Errichtungsübereinkommen mit dem Abdullah-Zentrum in Wien zurücktreten und das diesbezügliche Amtssitzabkommen kündigen", erklärte Pilz und betonte, dass Saudi-Arabien kein Partner für einen Dialog über "Menschenrechte und Religionsfreiheit" sei.

In dem Entschließungsantrag forderte die Liste Jetzt die gesamte Bundesregierung des Weiteren auf, alle ihre politischen und diplomatischen Mittel einzusetzen, "um die Ermordung des Jugendlichen Murtaja Qureiris" zu verhindern, sagte Pilz. Ansonsten seien die diplomatischen Beziehungen unverzüglich zu beenden und saudi-arabische Diplomaten auszuweisen.

KAICIID prüft rechtliche Auswirkungen

Ein Sprecher des KAICIID verwies gegenüber dem KURIER auf die zwischenstaatlichen Verträge, die zwischen dem Zentrum und mehreren Staaten bestehe. Derzeit würden die rechtlichen Auswirkungen des Entschließungsantrags geprüft.

Außerdem sagte der Sprecher, dass er aufgrund des zwischenstaatlichen Charakters des Zentrums nicht über Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien sprechen könne, "auch wenn KAICIID das Schaffen von Räumen für interreligiösen Dialog, Meinungsbildung und politischer Gestaltung, sowie die Schaffung einer Sensibilität diesbezüglich, als Teil seiner Aufgaben sieht".

Vielmehr wolle das KAICIID an "seinen Leistungen" im interkulturellen und interreligiösen Bereich beurteilt und als "unabhängiger Mediator und Organisator" gesehen werden.

37 Hinrichtungen im April

Allein im April richtete Saudi-Arabien 37 Menschen hin, hauptsächlich Schiiten. Das Regime von Scheich Mohammed Bin Salman ist dafür berüchtigt, vor allem bei Aktivisten und Homosexuellen brutal durchzugreifen. Das Königreich steht wegen der Todesstrafe international in der Kritik. In der Regel werden die Verurteilten – zum Teil öffentlich – geköpft oder erschossen. Gleichzeitig ist Saudi-Arabienim UN-Menschenrechtsrat vertreten und unterhält beste wirtschaftliche Beziehungen zum Westen.

Es ist unklar, ab wann man in Saudi-Arabien strafmündig ist. Laut "Human Rights Watch" wurde das Mindestalter 2006 auf zwölf Jahre angehoben.

Abdullah-Zentrum: 15 Millionen Euro pro Jahr aus Riad

Das KAICIID sorgt seit Jarhen für innerpolitische Kontroversen. Im Herbst 2012 von Saudi-Arabien, Österreich und Spanien eröffnet, wird es größtenteils von Riad mit rund 15 Millionen Euro pro Jahr finanziert. Der Vatikan hat Beobachterstatus.

Die frühere ÖVP-Justizministerin Claudia Bandion-Ortner trat 2015 als Vize-Generalsekretärin des Abdullah-Zentrums zurück, nachdem sie medial und innerparteilich unter Druck geraten war. Unter anderem hatte Bandion-Ortner zuvor über öffentliche Auspeitschungen und Enthauptungen in Saudi-Arabien gesagt: "Das ist nicht jeden Freitag."

Als Hommage an den Geldgeber trägt das Institut den Namen des im Jänner 2015 im 90. Lebensjahr verstorbenen saudi-arabischen Monarchen Abdullah. Kritiker und Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International (AI) sehen in der Institution einen Versuch Riads, sein international wegen Menschenrechtsverletzungen ramponiertes Image aufzupolieren.

Das KAICIID wird von einem Board of Directors geleitet, das aus Vertretern der großen Weltreligionen (Judentum, Christentum, Islam, Hinduismus und Buddhismus) und Kulturen besteht. Mehr als 45 fest angestellte Mitarbeiter aus 23 Ländern arbeiten im KAICIID. Der Sitz des KAICIID ist das Wiener Palais Sturany am Schottenring.

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