Pilnacek-Mitschnitt: "Irgendwann drückt jeder auf die Taste"
„Er war enttäuscht darüber, wie man mit ihm umgegangen ist“, sagt Unternehmerin, Herausgeberin von exxpress und ehemals stv. Kabinettschefin im Finanzministerium unter Hartwig Löger (ÖVP), Eva Schütz in der Servus-Talk-Sendung „Links.Rechts.Mitte.“ über den illegalen Mitschnitt eines Gesprächs von Christian Pilnacek.
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Der suspendierte Justiz-Sektionschef wurde, wie berichtet, am 28.7. 2023 im Wiener Innenstadtlokal "Il Cavalluccio“ aufgenommen, die darin enthaltenen Vorwürfe gegen die ÖVP, insbesondere Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka, erst nach Pilnaceks Tod publik.
Falter-Chefredakteur Florian Klenk resümiert, "Pilnacek stellt sich in diesem Tonband als jemand dar, der von der ÖVP bedrängt wird, immer wieder bedrängt wird, schon unter Justizministerin Beatrix Karl in der Telekom-Affäre“.
Gerald Markel, Unternehmer und Polit-Blogger, hat ein "déjà vu“. Markel fühlt sich an das Ibiza-Video erinnert und fragt, was war davor, was danach, war es zusammengeschnitten?
Christian Mattura weiß es, denn er ist jener Ex-BZÖ-Politiker, der an besagtem Juli-Abend das Gespräch mit Pilnacek aufgenommen und 10 Minuten davon an Kronenzeitung und ORF übermittelt hat. Auf Nachfrage von Moderator Michael Fleischhacker, ob ihm bewusst gewesen sei, dass das Mitschneiden des Gesprächs illegal ist, sagt Mattura: "In dem Moment nicht.“ Er habe Pilnacek auch Wochen davor getroffen, "man hat gemerkt, wie die ÖVP-Verdrossenheit zunimmt“.
Dem Vorwurf, dass er das Gespräch aufgenommen hat, entgegnet Mattura, es handelte sich bei Pilnacek um den dereinst mächtigsten Mann in der Justiz. "Wenn Sie hören, dass er Interventionen von der ÖVP bekommt, dann drückt, glaub i, jeder einmal auf die Taste. Ich denke, dass es richtig ist, dass das passiert ist.“
Pilnacek sei immer "verdrossener“ gewesen, so Mattura. "Ich war nicht der einzige in dem Lokal, der das mitbekommen hat. Irgendwann, an diesem 28. Juli war es dann so, dass er ein bisschen mehr verdrossener wurde. Nach 15 bis 20 Minuten habe ich mir gedacht: `Bist deppert, was der sagt, da druck I jetzt drauf`‘.“
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Mattura sei an besagtem Abend, seinem Geburtstag, zufällig dazu gekommen in das "Il Cavalluccio“ in der Wiener Innenstadt, in der er wie Pilnacek und der deutsche Unternehmer Wolfgang Rauball häufig zu Gast waren. „Herr Rauball ist schon da gesessen mit dem Herrn Pilnacek. Der Herr Rauball hat gesagt: ,Komm, setz Dich zu uns‘.“
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Mattura nimmt an, "dass Pilnacek nicht wusste“, dass er aufgenommen wird. "Ich nehme es nur an, weil er (Anm. Pilnacek) hat schon sehr deutlich gesprochen.“
Ob Pilnacek bewusst gesprochen habe, weil er womöglich wollte, dass das Gesagte aufgenommen wird, will Fleischhacker wissen. "Das kann ich weder dementieren noch bestätigen. Mein Eindruck war, dass er (Anm. Pilnacek) fertig war, belastet. Er hat gesagt, ich verstehe das nicht. Wie kann es sein, dass die ÖVP jetzt solche Dinge von mir verlangt. Man hat einfach gespürt, welcher Druck auf ihm lastet.“
"Es gab keinen Plan“
Insgesamt hat Christian Mattura das Gespräch im Lokal 26 Minuten lang aufgezeichnet. "Und davon politisch relevant sind auch nur diese 10 Minuten“, so Mattura. Und: "Es gab keinen Plan“, die Aufnahme zu machen, noch seien andere Personen involviert.
Rauball habe einen Tag nach dem Tod von Pilnacek erfahren, dass es den Gesprächsmitschnitt überhaupt gibt, so Mattura. "Ich habe ihm gesagt, ich habe da damals etwas aufgenommen.“ Rauball habe das "ganz und gar nicht gut gefunden“, gefragt, wie Mattura das machen könne. "Das tut man nicht.“ Moralisch sei die Sache „sicherlich nicht schön“, so Mattura. „Diese Aufnahme ist entstanden, weil der Herr Pilnacek diese Dinge gesagt hat.“
"150 Anrufe in einer Stunde“
Rauball habe Mattura nicht gedrängt, den Mitschnitt an die Öffentlichkeit zu spielen, so Mattura, wiewohl: "Das war zuerst meine Aussage. Mein Handy ist explodiert. Ich habe 150 Anrufe gehabt binnen einer Stunde und da könnte es sein, dass ich mich versprochen habe.“
Die "Initialzündung“ zum Zeitpunkt der Veröffentlichung habe Sebastian Kurz gegeben, der vor Beginn eines Prozesstag an die Öffentlichkeit trat, um sich zum Tod von Christian Pilnacek zu äußern, das einem „WKStA-Bashing“ gleichkam, wie Christian Mattura sagt.
Mattura war, wie er sagt, "Sprecher der Schutzvereinigung der Österreichischen Automatenwirtschaft“. Dass er während dieser Tätigkeit auch Gespräche aufgenommen hat, wie Fleischhacker sagt, dementiert Mattura. „Ich war zuständig für die hunderten Unternehmer, die von einem auf den anderen Tag enteignet worden sind. Und alle Konzessionen ein großer Konzern bekommen hat. Das war mein Aufgabengebiet, denen ein Sprachrohr zu verleihen. Für mich ist das ein abgeschlossenes Kapitel, ich bin nicht mehr im Glücksspiel. Ich habe sicher einige Fehler gemacht, würde das heute anders machen. Auf jeden Fall geht dort ein sehr rauer Wind und dem möchte ich mich auch nicht mehr aussetzen.“
"Keinen Cent für die Aufnahme bekommen"
Er habe "keinen Cent“ für die Aufnahme bekommen, so Mattura, der den Mitschnitt an Kronenzeitung und ORF übermittelt hat. Beide Medien habe er der Reichweite wegen gewählt, dass der Informantenschutz seitens der Kronenzeitung nicht gewahrt wurde, kritisiert Mattura. Es gebe keine weiteren Teile der Aufnahme, selbige sei zudem vernichtet. Im Original gebe es den Mitschnitt auf einem anderen Handy als seinem eigenen.
Zum Schluss der Sendung, auf die Frage hin, ob er es wieder machen würde, sagt Mattura: "Ja, ich glaube, es war geschichtlich ein historisches, wichtiges Ereignis war."
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