Pflege daheim: ÖVP-Senioren warnen vor neuem Gütesiegel

Pflege daheim: ÖVP-Senioren warnen vor neuem Gütesiegel
Ein neues Gütesiegel kommt – es hält aber nicht, was es verspricht, warnen Seniorenvertreter.

Österreich wird immer älter – und damit auch immer pflegebedürftiger. 2028 wird die Zahl der Pflegegeld-Bezieher in Österreich von derzeit 460.785 um 36 Prozent auf 628.000 gestiegen sein. Gleichzeitig steigen die Angebote für 24-Stunden-Betreuung, weil viele Betroffene lieber zu Hause statt im Heim leben. Rund 800 Vermittlungsagenturen zur „Organisation von Personenbetreuung“ gibt es laut Wirtschaftskammer (WKO) derzeit in Österreich. Das Problem: Im Gegensatz zu Alten- und Pflegeheimen, für die seit 2013 das „Nationale Qualitätszertifikat für Alten- und Pflegeheime in Österreich (NQZ)“ gilt, arbeiten die Agenturen ohne einheitliche Standards.

„Es gibt Vermittlungsagenturen, die unseriös arbeiten“, sagt Ingrid Korosec, Präsidentin des Seniorenbundes (ÖVP). Es gehe „nicht um Kriminalisierung oder ein Misstrauensvotum gegenüber den Betreuerinnen“, sondern darum, eben diese Agenturen „an die Kandare zu nehmen“. Das will auch die zuständige Sozialministerin Beate Hartinger-Klein. Sie hat mit der Wirtschaftskammer und Trägerorganisationen (Rotes Kreuz, Caritas, Hilfswerk, Diakonie) ein österreichweit einheitliches Qualitätszertifikat für Vermittlungsagenturen in der 24-Stunden-Betreuung erarbeiten lassen. Mit Beginn 2019 ist die „schrittweise Ausrollung des Zertifizierungsprozesses“ geplant, heißt es aus dem Ministerium. Für die Zertifizierung zuständig wird der „Verein zur Förderung der Qualität in der Betreuung älterer Menschen“ sein, der bereits das NQZ-Gütesiegel ausstellt. „Wir als gesetzliche Interessensvertretung wurden nicht eingebunden“, kritisiert Korosec die FPÖ-Ministerin.

„Bekannt ist bereits, dass das Gütesiegel keine Anforderungen an die Deutschkenntnisse der Betreuerinnen vorsieht und dass das Siegel auf freiwilliger Basis vergeben werden soll,“ so Korosec. Gerade Privatpersonen müssten sich darauf verlassen können, dass sich ein „verpflichtendes Gütesiegel an objektivierbaren, verpflichtenden Qualitätskriterien orientiert. Ein Lippenbekenntnis hilft nicht.“

Ein Test des Vereins für Konsumentenschutz 2018 ergab, dass die Angebote von 26 getesteten Vermittlungsagenturen „sehr komplex und teuer“ seien, die Verträge teils intransparent, die Preisschwankungen (zwischen 39 und 100 Euro pro Betreuungstag) enorm. Die Hälfte der getesteten Agenturen verwenden laut VKI Inkassovollmachten. Das heißt: Bezahlt wird nicht direkt an den Betreuer, sondern an die Agentur. Wie viel Honorar diese einbehält ist unklar.

Diese Vollmachten soll es dem Vernehmen nach weiter geben – eine Kontrolle nicht. Der Seniorenbund fordert daher „streng kontrollierte Vorschriften am besten durch den Rechnungshof“. Alles andere ist für Korosec „Augenauswischerei“.

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