Was genau ist das Pensionssplitting?
Seit 2005 können Väter und Mütter die Pensionszeiten, die sie in den ersten sieben Lebensjahren eines Kindes gesammelt haben, aufteilen, also „splitten“. Die Idee: Jener Elternteil, der weiter arbeiten geht und Geld fürs Pensionskonto sammelt, darf bis zu 50 Prozent des Gesammelten an den hauptsächlich mit der Kindererziehung betrauten Partner übertragen. Derzeit ist das Splitting freiwillig, einmal übertragene Pensionszeiten können nicht zurückgefordert werden – und zwar auch dann nicht, wenn sich die Eltern trennen.
Wie viele Elternpaare nehmen das Pensionssplitting in Anspruch?
Sehr wenige – und das ist auch ein Grund, warum die Bundesregierung eine Reform plant. Laut Sozialministerium haben 2018 gerade einmal 446 Elternpaare ihre Pensionsansprüche aufgeteilt, 2019 waren es 639.
Im Vergleich zu den 650.000 Paaren, die in Österreich Kinder im Alter von weniger als 15 Jahren haben, ist die Zahl der Pensionssplitter verschwindend. Experten erklären das oft mit der Tatsache, dass die meisten Eltern nicht wissen, dass es das Pensionssplitting gibt.
Unterm Strich übertragen in 95 Prozent der Fälle Väter an die Mütter Pensionszeiten.
Was will die Bundesregierung ändern?
Die wichtigste, im Regierungspakt fixierte Veränderung betrifft die Freiwilligkeit: Künftig soll das Pensionssplitting „automatisch“ passieren – und zwar bis zum Ende des zehnten Lebensjahres des Kindes. Das bedeutet: Eltern müssen das Splitting nicht mehr aktiv beantragen. Vielmehr werden die Pensionsansprüche der Eltern zusammengerechnet und zu 50 Prozent dem jeweiligen Pensionskonto gut geschrieben. Für Paare, die das nicht wollen, soll es – zeitlich begrenzt – die Möglichkeit eines „Opt-Outs“ geben, sprich: Eltern bzw. Partner können sich im Einzelfall dezidiert gegen das Teilen entscheiden.
Warum sollen Eltern in Zukunft dazu verpflichtet werden, ihre Pensionszeiten aufzuteilen?
Eines der stärksten Argumente für das verpflichtende Pensionssplitting ist, dass es – wie die Zahlen deutlich zeigen – freiwillig einfach nicht gemacht wird. Da die Mehrzahl der Männer besser verdient als die Frauen, sind es auch die Männer, die nach der Geburt weiter arbeiten gehen und auf ihr eigenes Pensionskonto einzahlen. Gleichzeitig verzichten sie in dieser Phase zugunsten der Frauen offensichtlich nicht gerne freiwillig auf Pensionszeiten.
Ist ein automatisches Pensionssplitting fair?
Betrachtet man die Jahre, in denen die Kinder großgezogen werden, ist das Splitting ein Beitrag zur inner-familiären Fairness – immerhin werden durch das Splitting unbezahlte Arbeitsstunden für die Kinderbetreuung und -erziehung „belohnt“.
„In der gegenwärtigen Situation, wo Männer deutlich mehr verdienen als Frauen, ist das Pensionssplitting ein kleiner Beitrag, um die Gerechtigkeitslücke zu verkleinern“, sagt Ursula Janesch, Referentin im Referat Sozialrecht und -politik der Arbeiterkammer Niederösterreich.
Mittel- und langfristig sieht die Expertin aber ein veritables Problem: „Aus frauenpolitischer Sicht besteht die Gefahr, dass das Pensionssplitting das klassische Rollenbild – der Mann geht arbeiten, die Frau bleibt zu Hause oder in Teilzeit – verfestigt.“ Hinzu komme, dass das Modell sozial nicht treffsicher sei: Frauen, die ihre Kinder mit gesunden, gut verdienenden Männern bekommen, profitieren davon, während Familien, bei denen soziale Risiken wie Krankheit oder Arbeitslosigkeit schlagend werden, keine Grundlage für das Pensionssplitting haben – ohne Job kein Splitting.
Bei sozial Benachteiligten kann das Splitting im Einzelfall sogar dazu führen, dass Paare um ihnen zustehende Pensionsleistungen umfallen. Wie das? Wenn eine Frau von ihrem Mann mittels Splitting eine Gutschrift auf das Pensionskonto bekommt und später trotzdem so wenig Pensionsanspruch hat, dass sie nur die Ausgleichszulage bekommt (derzeit: 966 Euro, künftig: 1000 Euro pro Monat), so wäre für sie nichts gewonnen und für ihren Partner etwas verloren. Denn der Mann würde eine geringere Pension erhalten, weil er zugunsten der Frau ja auf eigene Pensionszeiten verzichtet hat.
Löst das automatische Pensionssplitting das Problem der Altersarmut von Frauen?
Eher nein – und genau deshalb sind viele Frauenpolitikerinnen dagegen. Ein zentrales Problem besteht darin, dass Frauen nach dem Kinderkriegen zu lange – im Schnitt 15 Jahre – in Teilzeit arbeiten. „Kurz vor dem Pensionsantritt realisieren viele, dass sie zu wenig verdient haben, um eine ordentliche Pension zu bekommen“, sagt Expertin Janesch. Viel wichtiger als das Pensionssplitting ist demnach dafür zu sorgen, dass die Erziehungsarbeit von Beginn an gerecht zwischen Vater und Mutter aufgeteilt werden können. Etwa, indem man die Elternteilzeit bei Männern fördert oder indem man die Kinderbetreuung so ausbaut, dass Frauen rasch wieder in Vollzeit arbeiten.
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