Parlament kippt Sparkurs beim Heer
Turbulente Tage für Verteidigungsminister Gerald Klug. Im Burgenland steht er wegen eines Flüchtlingslagers auf einem Kasernengelände unter Beschuss von Parteifreund Hans Niessl. Im Parlament werfen zeitgleich in einem gemeinsamen Antrag alle Parteien seine Sparpläne bis zum Jahr 2018 zurück. Sie fordern eine Neubewertung der Sicherheitslage und eine Überarbeitung von Klugs Sparplan – ein einmaliger Akt des Misstrauens just am Tag der Beschlussfassung des neuen Budgets.
Klug muss bis zum Jahr 2018 jährlich 200 Millionen aus dem ohnehin schon marginalen Verteidigungsbudget abliefern. Deshalb präsentierte er im Dezember 2014 ein radikales Sparkonzept. Panzer und Kasernen sollen verkauft werden, Truppen verlieren ihre Granatwerfer, die Fliegerabwehr schrumpft. Der Flugbetrieb der Eurofighter wurde auf ein Minimum reduziert. Grundlage des Streich-Konzerts war eine Beurteilung der "einsatzwahrscheinlichen Aufgaben". Da spielte etwa die klassische Landesverteidigung gegen einen konventionellen Gegner keine Rolle mehr.
Krieg vor der Haustür
Eben dieser Katalog der "einsatzwahrscheinlichen Aufgaben" wurde nun unter dem Eindruck der jüngeren Ereignisse von den Abgeordneten verworfen. Im Antrag heißt es: "Seitdem hat sich aber die sicherheitspolitische Lage deutlich geändert. Der Konflikt in der Ukraine zeigt, dass militärische Kampfhandlungen in der Nähe der EU-Außengrenzen nicht auszuschließen sind." Außerdem werden die terroristischen Anschläge in Frankreich und die zu koordinierenden Flüchtlingsströme als neue, sicherheitspolitische Herausforderung bezeichnet.
Minister Klug wird aufgefordert, einen Bericht abzuliefern, inwiefern dadurch Ergänzungen an seinem Sparkonzept notwendig werden.
ÖVP-Wehrsprecher Bernd Schönegger, der den Antrag initiiert hatte, freut sich: "Das ist ein schönes Zeichen des Parlaments für den Stellenwert der Landesverteidigung." Jetzt müsse das ganze Sparpaket wieder aufgeschnürt werden. Das beträfe die Frage der Kampfpanzer und der schweren Waffen ebenso wie die Standorte. Insbesondere auch die Personalfrage wäre zu diskutieren. 3000 Bedienstete hat die Landesverteidigung bereits verloren. Klug will noch einmal 600 Planstellen streichen. Schönegger sieht dadurch die Durchhaltefähigkeit des Bundesheeres bei längeren Einsätzen in Gefahr.
Mehr Geld fürs Heer
Im Büro von Minister Klug reagiert man auf den parlamentarischen Vorstoß gelassen. "Wenn wir über neue Bedrohungen diskutieren, ist nicht auszuschließen, dass auch über finanzielle Fragen diskutiert werden muss."
Mit anderen Worten: Klug könnte sich, so wie seine "Spiegelministerin" Johanna Mikl-Leitner, genötigt sehen, mehr Geld aus dem Budget zu verlangen.
Das war offenbar auch eine Intention der Initiatoren des Initiativantrages. Denn erst vor wenigen Tagen hatte Schönegger Minister Klug öffentlich dafür kritisiert, dass dieser trotz der gespannten Lage keine zusätzlichen Mittel für das Heer fordere.
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