"Vertrauen leidet": Warum jetzt Eisenstadt die Causa Pilnacek prüft

Die Oberstaatsanwaltschaft Wien hat der Staatsanwaltschaft Krems das Verfahren zum Todesfall des verstorbenen Ex-Justiz-Sektionschefs Christian Pilnacek entzogen. Der Fall wird der Staatsanwaltschaft Eisenstadt übertragen.
"Diese Entscheidung wurde auf Grundlage des § 28 Abs 1 StPO getroffen, um das Vertrauen in die volle Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit bei der Führung des Ermittlungsverfahrens zu gewährleisten und jeden Anschein einer Befangenheit hintanzuhalten", heißt es in einer Pressemitteilung der OStA Wien am Donnerstag.
"Glauben, es ist die richtige Maßnahme"
Pilnacek wurde am 20. Oktober 2023 gegen 7 Uhr tot in einem Seitenarm der Donau bei Rossatz, Niederösterreich, gefunden. Im März 2024 wurden die Ermittlungen rund um den Todesfall eingestellt, weil keine Hinweise auf ein Fremdverschulden festgestellt wurden.
Im April bekam die StA Krems dann eine Weisung ihrer Oberbehörde, zu prüfen, ob doch noch Ermittlungen eingeleitet werden sollen.
An Eisenstadt, also eine Staatsanwaltschaft außerhalb Niederösterreichs, sei das Verfahren auch deshalb übergeben worden, weil diese vom niederösterreichischen Polizeiapparat losgelöst sei, sagte ein Sprecher der OStA zur APA. Schließlich habe es in der Vergangenheit auch Vorwürfe gegen zwei Polizeibeamte gegeben. Ermittlungen wegen Amtsmissbrauchs gegen die Kripo-Beamten wurden heuer im Frühjahr von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) eingestellt.
Als Oberbehörde könne die OStA Verfahren bereits delegieren, wenn bloß der Anschein einer Befangenheit bestehe, erklärt der Sprecher weiter.
Bezweifelt die OStA also die Unbefangenheit der StA Krems? Der Sprecher verneint auf KURIER-Nachfrage, erklärt aber: "Damit die Arbeit der Staatsanwaltschaft akzeptiert wird, braucht es das Vertrauen der Öffentlichkeit. Um dieses Vertrauen – auch in eine künftige Entscheidung – abzusichern, wurde das Verfahren übergeben. Die öffentliche Diskussion hat sich zuletzt zugespitzt, und wir mussten davon ausgehen, dass dieses Vertrauen zunehmend darunter leidet."
Nachsatz: "Obwohl wir selbst nicht glauben, dass die Staatsanwaltschaft Krems befangen ist, glauben wir, es ist die richtige Maßnahme."
Mängel bei Ermittlungen
Wie der KURIER aus Justizkreisen erfuhr, soll der Druck durch die mediale Berichterstattung über Patzer bei den Ermittlungen zu groß geworden sein. Etwa, dass Krems bzw. das Landeskriminalamt ursprünglich nicht in der Lage war, relevante Daten auf Pilnaceks Smartwatch richtig auszuwerten (der KURIER berichtete).
Im Juni erhielt sie von der OStA Wien die Weisung, die Smartwacht weiter auszuwerten - so sollte der Hersteller des Geräts kontaktiert werden, um Zugang zu verschlüsselten Datenbanken zu gewähren. Zudem war die StA Krems bis dato nicht in der Lage, weiterführende Gutachten zeitnah zu organisieren.
Die Staatsanwaltschaft Krems schloss Fremdverschulden auch auf Basis der offiziellen Obduktion aus - so seien keine eindeutigen Hinweise auf fremde Gewalteinwirkung festgestellt worden. Man ging von Suizid aus.
Zweifel daran wurden vom ehemaligen Nationalratsabgeordneten Peter Pilz geäußert. Seine herbe Kritik an den Ermittlungen untermauerte Pilz mit zwei von ihm in Auftrag gegebenen gerichtsmedizinischen Stellungnahmen und einem Gutachten, die auf Basis des Obduktionsberichts erstellt wurden.
Das Gutachten von Michael Tsokos, ehemaliger Leiter der Rechtsmedizin der Berliner Charité, lag der StA Krems bis zuletzt nicht vor. Demnach könnte Pilnacek in einen Kampf verwickelt gewesen sein, bevor er ins Wasser flüchtete, stürzte oder gestoßen wurde.
Die Freiheitlichen wollen die Causa im Rahmen eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses unter die Lupe nehmen.
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