Van der Bellen akzeptiert Hauer als Verfassungsrichter

Der Jurist wurde im Nationalrat mehrheitlich nominiert. Er ist als schlagender Burschenschafter aber nicht unumstritten. Bundespräsident teilt Kritik des FP-Kandidaten an EGMR nicht, hält sie aber für zulässig.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen wird die Bestellung des umstrittenen Verwaltungsrechtlers Andreas Hauer zum Verfassungsrichter akzeptieren. Das machte das Staatsoberhaupt am Donnerstag in einer Aussendung klar. Unmittelbar zuvor hatten ÖVP und FPÖ im Nationalrat die Nominierung des von den Freiheitlichen vorgeschlagenen Kandidaten beschlossen. Ernannt wird er vom Bundespräsidenten.

Van der Bellen betonte, dass er die vor Jahren in einem Vortrag geäußerte Kritik Hauers am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) nicht teile. "Das betrifft insbesondere die polemische Wortwahl", so Van der Bellen. Allerdings sei Kritik an einem Höchstgericht für einen Rechtsprofessor zulässig: "Ich gehe davon aus, dass Prof. Hauer zukünftig als Verfassungsrichter sein Amt verantwortungsvoll wahrnehmen wird."

Hauer im NR nominiert

Die Nominierung des Linzer Universitätsprofessors Andreas Hauers zum Richter am Verfassungsgerichtshof ist im Nationalrat mehrheitlich beschlossen worden. In der geheimen Abstimmung stimmten 105 der 183 Abgeordneten für den VP-FP-Antrag (bei 172 abgegebenen Stimmen).

Weitere 57 Stimmen entfielen auf den Vorschlag der SPÖ für Marcella Prunbauer-Glaser, für den Vorschlag der NEOS, Gottfried Musger, votierten zehn Abgeordnete.

Hauer unterrichtet an der Universität Linz öffentliches Recht und ist an sich fachlich unumstritten. Allerdings hat der Burschenschafter in der Vergangenheit mehrfach mit umstrittenen Äußerungen von sich reden gemacht.

Hauer ist Mitglied bei der schlagenden Verbindung „Corps Alemannia Wien zu Linz“. Laut Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands (DÖW) ist diese teilweise dem deutschnationalen Milieu zuzuordnen, es herrsche bei den Corps aber „innere Meinungsvielfalt“. Dass sich Hauer beim Hearing im Nationalrat zur „Volksnation Österreich“ bekannt hat (der KURIER berichtete), sei zumindest ein Zeichen, dass er selbst kein Deutschnationaler ist. Das "Corps Alemannia" ist nach eigenen Angaben auch nicht Mitglied bei den deutschen Burschenschaften, sondern beim Kösener Corps. Unter anderem hatte Hauer den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte vor mehreren Jahren als "mitverantwortlich für die multikriminelle Gesellschaft" bezeichnet.

Damit sei er als Höchstrichter „nicht tragbar“, sagte Verfassungsjurist Heinz Mayer zum KURIER. Bundespräsident Alexander Van der Bellen sei gefordert, ein Veto einzulegen – sonst „schlägt das auf die Reputation des VfGH zurück“.

Van der Bellen akzeptiert Hauer als Verfassungsrichter
Andreas Hauer Kepler Institut Universität Linz

Vor allem in der FPÖ gilt Hauer als gut vernetzt. Bei derselben Burschenschaft wie Hauer sind auch die oberösterreichischen Landesräte Manfred Haimbuchner und Günther Steinkellner Mitglieder.

Kritik von der Opposition

Die Opposition hat in der Nationalrats-Debatte um die Nominierung von Andreas Hauer noch einmal ihre Kritik untermauert. Während Vertreter von SPÖ, NEOS und Liste Pilz Zweifel an der Eignung des Linzer Universitätsprofessors äußerten, verteidigten ÖVP- und FPÖ-Abgeordnete ihre Entscheidung.

Der geschäftsführende SP-Klubobmann Andreas Schieder erklärte, Hauer sei beim Hearing der rund 40 Kandidaten nicht im Spitzenfeld derer gewesen, "die fachlich überzeugt haben". Kritik übte er etwa daran, dass Hauer als Redner beim FPÖ-Akademiker in der Wiener Hofburg aufgetreten ist. Thematisiert wurde von Schieder auch erneut Hauers Kritik am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ("Der EGMR kann (..) getrost als mitverantwortlich für die multikriminelle Gesellschaft bezeichnet werden, die sich in den vergangenen Jahrzehnten in Westeuropa etabliert hat."). Man müsse sich die Frage stellen, ob man in Zukunft einen Richter am Höchstgericht will, "der ein anderes Höchstgericht derart hinuntermacht und erniedrigt", so Schieder. "Das ist nicht tragbar."

Kritik übte der SP-Klubchef auch an Hauers Mitgliedschaft in der schlagenden Verbindung Corps Alemania Wien zu Linz. Anstatt Hauer schlug Schieder wie bereits angekündigt vor, für die Rechtsanwältin und ÖRAK-Vizepräsidentin Marcella Prunbauer-Glaser zu stimmen.

Auch NEOS-Abgeordneter Nikolaus Scherak rief - wie bereits am Vortag angekündigt - zur Wahl eines Alternativ-Kandidaten auf, nämlich OGH-Richter Gottfried Musger. Auch er kritisierte einmal mehr die Aussagen Hauers. Darüber hinaus warf er ÖVP und FPÖ vor, das Hearing nicht ernst genommen zu haben, indem schon im Vorfeld bekannt wurde, wen die Regierungsfraktionen nominieren wollen.

"Institution wird herabgesetzt"

Alfred Noll von der Liste Pilz knüpfte an dieser Kritik an. Man entwürdige damit die Kandidaten "und setzt auch die Institution herab, für die sich diese Kandidaten bewerben - und überdies hinaus dieses Haus." Das Prozedere des Hearing bezeichnete Noll wegen dessen Kürze als "Farce". Hauer selbst hält auch er für ungeeignet - und zwar, weil sich im Gesamtbild gezeigt habe, dass Hauer kein Mann sei, "dem der Schutz von Grund- und Menschenrechten ein grundsätzliches Anliegen ist".

Noch vor der ersten Wortmeldung der Opposition rückte gleich zu Beginn der Debatte VP-Abgeordneter Wolfgang Gerstl zur Verteidigung des schwarz-blauen Vorschlags aus: Er habe sich die Mühe gemacht, nachzuforschen, ob es an Hauer "irgendeine Kritik in den vergangenen zwei Jahrzehnten" gegeben habe, sagte Gerstl. Er habe sich nicht nur bei der Kollegenschaft des Universitätsprofessors, sondern auch bei der Hochschülerschaft erkundigt. "Bis zum Zeitpunkt der Bestellung gab es keine einzige Kritik an Professor Hauer", so sein Resümee.

Zur Kritik der Opposition an Hauers Aussagen zum EGMR sagte Gerstl, Hauer habe lediglich festgestellt, dass es im Bereich der Fremdenpolizei ein Missverhältnis gebe zwischen dem Schutz derer, die Aufenthalt suchen, und jener, die bereits in Österreich sind - und "die Sorge haben vor kriminellen Handlungen". Auch habe Hauer selbst seine Worte als "überspitzte Formulierung" bezeichnet, betonte Gerstl. Er glaube, dass auch einem Universitätsprofessor das Recht auf freie Meinungsäußerung zustehe.

Auch FPÖ-Abgeordneter Harald Stefan wies die Kritik zurück. Hauer habe in Wahrheit aus Sicht der Opposition "nur einen Makel: Er wurde von uns, der FPÖ, vorgeschlagen". Der Uni-Professor sei aber "ein hervorragender Kandidat", der auch in der Fachwelt nur positiv aufgefallen sei. "Er ist idealtypisch geeignet, Mitglied des Verfassungsgerichtshofs zu werden. "

Zur Kritik an Hauers Äußerungen sagte Stefan, es sei "ganz normal", dass Universitätsprofessoren die Urteile von Höchstgerichten kritisieren. "Diese Kritik muss zulässig sein, abgesehen davon dass ich sie inhaltlich sogar unterstütze."

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