Weiteres Sparpaket nötig? Regierungsklausur unter tristen Vorzeichen

Die Inflation senken, für Wirtschaftswachstum sorgen, Bürokratie abbauen: Das sind die Schwerpunkte der ersten Regierungsklausur nach der Sommerpause. Am Dienstag und am Mittwoch diskutieren ÖVP, SPÖ und Neos im Bundeskanzleramt über möglich Akutmaßnahmen – und den generellen Fahrplan im Herbst. Vorab: Mit einem großen Wurf ist vorerst nicht zu rechnen.
Die größte Schwierigkeit bleibt weiterhin die triste Budgetsituation. Die Regierung muss 2025/'26 bereits 15 Milliarden Euro einsparen, um die EU-Defizitvorgaben zu erfüllen. Und die Lage dürfte sogar noch schlimmer sein. FPÖ-Budgetsprecher Arnold Schiefer rechnet damit, dass aufgrund der steigenden Inflation und Arbeitslosigkeit noch zwei bis drei zusätzliche Milliarden eingespart werden müssen. Ein Wert, den Regierungsvertreter auf KURIER-Nachfrage dementieren. Sie gehen eher von rund einer Milliarde aus.
Klar ist: Auch damit wäre der Spielraum für Investitionen in die Wirtschaft oder Preissenkungen äußerst begrenzt. Um welche Schwerpunkte es bei der Klausur geht und welche Maßnahmen diskutiert werden:
Wirtschaft
Die Regierung will ein kleines Investitionspaket schnüren. Im Raum stehen Investitionsprämien oder verbesserte Abschreibemöglichkeiten. Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) spricht im ORF-Sommergespräch von einer Milliarde Euro, die man durch Umschichtungen im Budget investieren könne.
Bereits Anfang Juni hat Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) einen Industriestrom-Bonus präsentiert, der heuer und 2026 mit je 75 Millionen Euro budgetiert ist. Offen ist, ob diese Maßnahme bei der Klausur oder erst danach finalisiert wird.
Mieten
Zur Mietpreisbremse im regulierten Bereich, kommt auf Drängen der SPÖ ab 2026 auch eine für private Mietwohnungen. Das Modell: Bei einer Inflationsrate von mehr als drei Prozent sollen Mieten nur noch um die Hälfte der über drei Prozent liegenden Inflation steigen dürfen. Dieses große Mietpaket könnte in zwei Wochen – also nach der Klausur – präsentiert werden.
Den Neos und der ÖVP ist wichtig, dass gleichzeitig auch der Eigentumserwerb erleichtert wird. Ein Punkt: Bis Mitte 2026 fällt beim Erwerb des ersten Eigenheims bis 500.000 Euro keine Grunderwerbssteuer (GrESt) an. Diese Maßnahme, ein Überbleibsel des türkis-grünen Wohnbaupakets, könnte verlängert werden. Im Regierungsprogramm steht zudem ein staatliches Wohnbaukreditprogramm für junge Menschen.
Lebensmittelpreise
Die Dreierkoalition will gegen den "Österreich-Aufschlag" vorgehen, um die Inflation zu senken. Dieser sorgt dafür, dass die Preise identer Markenprodukte in Österreich beispielsweise deutlich teurer sind als in Deutschland. Das Problem: Eine schnelle "Abschaffung" ist nicht möglich. Laut dem Fahrplan der EU-Kommission ist erst ab 2026 eine Lösung absehbar.

Gegenfinanzierung
Insbesondere die Neos pochen auf ein Paket, bei dem sämtliche Maßnahmen gegenfinanziert sind. Wie könnte das gelingen? Nachverhandelt wird die bereits beschlossene Erhöhung der Beamtengehälter. Auch eine Anpassung der Pensionen unter der Inflationsrate von 2,7 Prozent halten die Neos und nun auch die ÖVP für nötig, wie Stocker betont. Die SPÖ reagierte bisher zurückhaltend. Unklar ist, ob die Beamtengehälter und Pensionen bei der Klausur konkretisiert werden.
Eine andere Maßnahme wollen die Neos eventuell aus Kostengründen verschieben: Die ÖVP hat eine „Flat Tax“ für Pensionisten zum Herbstbeginn angekündigt – die das Arbeiten neben der Pension steuerlich begünstigen würde. Hier dürften sich die Türkisen gegen eine Verschiebung sträuben.
Verfahrensbeschleunigung
In die Sommerpause hatte sich Türkis-Rot-Pink mit der Ankündigung eines Verfahrensturbos verabschiedet. Die Umsetzung erfolgt weniger geschwind: Die Gesetzesentwürfe für den schnelleren Ausbau Erneuerbarer (EABG) oder für schleunigere Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP-G) stehen noch aus.
Stocker betont, dass bei den Förderungen eine Milliarde Euro eingespart werden könnte – und nennt die PV-Förderungen als Beispiel. Auch von den derzeit 114 Netzgesellschaften, davon 80 Prozent im staatlichen Eigentum, könnten zahlreiche zusammengelegt werden.
Werden all diese Punkte bei der Klausur präsentiert? Auch das ist offen. Dienstagnachmittag tritt Energieminister Hattmannsdorfer jedenfalls mit Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) und Staatssekretär Josef Schellhorn (Neos) vor die Medien.
*Update: Dieser Artikel wurde um um das ORF-Sommergespräch von Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) ergänzt.
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