Österreichs Gläubige sagen Papst Franziskus ihre Meinung
Wenn der neue Papst Franziskus am Christtag erstmals den Segen urbi et orbi (der Stadt und dem Erdkreis) spendet, werden auch heuer Millionen Gläubige gebannt nach Rom blicken. Doch der neue Papst will nicht nur zu den Gläubigen sprechen, sondern auch ihre Meinung hören – und hat ihnen daher im November einen Fragebogen zu heißen innerkirchlichen Streitfragen rund um Ehe und Familie gesandt.
Österreichs Diözesen haben in den vergangenen Wochen die Meinungen gesammelt und machen sich nun an die Auswertung. „Das Feedback ist sehr gut, obwohl der Fragebogen nicht leicht ist. Allein in Wien haben 7000 Menschen den Original-Fragebogen online ausgefüllt“, sagt Karl Langer, in der Erzdiözese Wien für die Auswertung zuständig. Bis 27. Dezember ist der Vatikan-Fragebogen unter www.erzdioezese-wien.at noch online (siehe auch unten).
Einen Kurz-Fragebogen haben die Diözesen Graz-Seckau, Innsbruck, Linz und Gurk zusammengestellt. „Der Vatikan-Fragebogen war gedacht für die Bischöfe. Daher war er sehr theologisch formuliert“, sagt Gerhard Hofbauer, der das Projekt in der Diözese Graz leitet. Den leichteren Online-Fragebogen hätten aber 20.000 Menschen beantwortet. Er ist nicht mehr online, soll nach den Feiertagen ausgewertet werden.
„Bunt gemischt“ seien die Teilnehmer, die Fragen zu wiederverheirateten Geschiedenen, wilder Ehe oder gleichgeschlechtlichen Partnerschaften ausgefüllt haben, heißt es unisono. Den Fragebogen von Graz hätten zudem viele Religionslehrer genützt, um die Themen in der Schule zu besprechen.
Weltfremd bei Sex
Einen gut verständlichen und übersichtlichen Fragebogen hat auch die Katholische Aktion. Unter www.wodruecktderschuh.at haben rund 1500 Gläubige ihre Meinung bekannt gegeben. Paul Zulehner, Theologe und Initiator, ist laut Kathpress zufrieden: „Die Antworten sind konstruktiv und differenziert.“
Meinung finden
Der Grazer Diözesan-Sprecher, Gerhard Hofbauer, ortet zudem einen positiven Nebeneffekt der Umfrage: „Die Menschen beginnen, sich über die Themen Gedanken zu machen.“ Durch die Befragung starte ein Prozess des Nachdenkens und Diskutierens. Bis 20. Jänner will Hofbauer alle Fragebögen ausgewertet haben. Auch in den anderen Diözesen werden die Rückmeldungen nun aufbereitet. In der letzten Jännerwoche werden die Bischöfe die Meinungen der Gläubigen dann im Vatikan deponieren.
Der Papst im Porträt:
Papst Franziskus hat mit einem Festgottesdienst im Petersdom offiziell die Weihnachtsfeierlichkeiten im Vatikan eingeleitet. Tausende Gläubige begrüßten den Papst, als er zweieinhalb Stunden vor Mitternacht für die traditionelle Christmette in die Basilika einzog. Für den Argentinier Jorge Mario Bergoglio ist es die erste Weihnacht als Oberhaupt der katholischen Weltkirche. Die Messe zur Erinnerung an die Geburt Christi vor 2000 Jahren wurde in mehr als 50 Länder und live im Internet übertragen.
In den Mittelpunkt seiner kurzen Predigt stellte das Oberhaupt der katholischen Kirche die Armen und Ausgegrenzten. Die armen Hirten aus Bethlehem seien die ersten gewesen, die die Nachricht von der Geburt Jesu erhalten hätten, sagte Franziskus. "Sie waren die ersten, weil sie unter den letzten waren, den Ausgegrenzten."
"Kein Meister der Weisheit"
Jesus sei "kein Meister der Weisheit" gewesen oder "ein Ideal, von dem wir wissen, dass wir uns davon unerbittlich entfernt haben", sagte Franziskus. In Jesus sei "die Gnade erschienen, die Zärtlichkeit, die Barmherzigkeit". Anders als sein Vorgänger ging Franziskus nicht auf gesellschaftliche Debatten ein oder auf den von Benedikt XVI. häufig beklagten Relativismus.
Der 77-jährige Argentinier Jorge Mario Bergoglio war nach dem Rücktritt von Papst Benedikt XVI. in diesem Jahr zu dessen Nachfolger gewählt worden. Er hob sich bisher mit einer demonstrativen Bescheidenheit von seinen Vorgängern ab. Seine erste Christmette war mit Spannung erwartet worden.
Die Messe war noch etwas früher als bereits unter seinem Vorgänger Benedikt angesetzt. So kann sich Franziskus vor der traditionellen Weihnachtsbotschaft und dem Segen "Urbi et Orbi" am ersten Weihnachtstag zunächst noch etwas mehr ausruhen.
Auch Dutzende Kardinäle und Bischöfe feierten die Heilige Messe mit ihrem Papst. Zahlreiche Gläubige verfolgten die Zeremonie auf dem Petersplatz, auf dem Bildschirme aufgestellt sind.
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