"Österreich ist unsicherer als zur Zeit des Kalten Krieges"

Generalmajor Dr. Johann Frank
Perspektiven 2018. Spitzenmilitär Johann Frank legt einen Band aktueller Analysen und Berichte zu aktuellen Herausforderungen und Gefahren vor.

Geht es nach den Autoren der sicherheitspolitischen Jahresvorschau, verheißt 2018 nichts Gutes: "Alles deutet darauf hin, dass die in Europa fast 15 Jahre währende Epoche des relativen Friedens seit dem jugoslawischen Zerfallskrieg nun zu Ende ist und ein Zeitalter neuer Unsicherheiten anbricht", sagt Generalmajor Johann Frank, Leiter der Direktion für Sicherheitspolitik im Verteidigungsministerium. " Österreich ist unsicherer als zur Zeit des Kalten Krieges."Frank hat einen spannenden und äußerst informativen Band herausgegeben – das Werk entstand unter Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil –, in dem renommierte internationale Experten die Weltlage kritisch beleuchten und ihre Analysen mit anschaulichen Statistiken und Grafiken untermauern. Die internationalen Entwicklungstrends und Bedrohungsszenarien, die Rolle der Big Player USA, China, Russland, die Konfliktherde im Umfeld Europas werden ebenso beschrieben wie die Gefahren und Herausforderungen für Österreich und sein Bundesheer.

Migration

Was sind nun einige der Risikobilder für Österreich? Migration, Terrorismus, hybride Konflikte, Cyberangriffe und Instabilitäten in der europäischen Nachbarschaft (Westbalkan, Türkei, Naher und Mittlerer Osten) sind die unmittelbaren Gefahren. Derzeit leiden rund 795 Millionen Menschen auf der Erde an Hunger, 750 Millionen Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, und wegen des Klimawandels wird in Afrika mit dem Verlust von großen Teilen des Ackerlandes gerechnet. "Das hat Potenzial, große Fluchtbewegungen nach Europa auszulösen", heißt es gleich im ersten Kapitel. Umfragen zeigen, dass sich bis zu 40 Prozent der Nigerianer eine Emigration in den Westen vorstellen können (Seite 134). "Es ist unabdingbar, dass die EU wirksame Strategien entwickelt, die auf die Umstände eingehen, die den Migrationswunsch in den afrikanischen Staaten erst entstehen lassen." Kommt es nicht dazu, "wird der immer direktere Konflikt zwischen denjenigen EU-Staaten, die die Aufnahme von Migranten befürworten, und jenen, die Grenzkontrollen bevorzugen, noch hitziger werden", schreibt Paul Collier, Wirtschaftsprofessor an der Oxford-Universität.

Hohes Russland-Risiko

Sehr aufschlussreich ist der Text über die Beziehungen der EU mit Russland von Ivan Krastev. Der Leiter des Centre for Liberal Strategies in Sofia geht davon aus, dass sich "europaweit das Risiko einer Konfrontation mit Russland nicht vermindern, sondern kurzfristig sogar erhöhen wird". Die Bildung von russlandfreundlichen und russlandfeindlichen Blöcken auf EU-Ebene werde den Diskurs erhärten. In diesem Zusammenhang rät Krastev Österreich, "der Verlockung aus dem Weg zu gehen", zwischen dem Kreml und dem Westen zu vermitteln. "Die Erfolgschance eines Diskurses der beiden Seiten ist gering, die Gefahr, dass Österreich die eigene Position innerhalb der EU schwächt, hingegen groß", warnt der Politologe die neue türkis-blaue Regierung.

"Österreich ist unsicherer als zur Zeit des Kalten Krieges"
Buchcover SICHER.UND MORGEN?

BUCHTIPP

Sicher. Und Morgen? Direktion für Sicherheitspolitik, 173 Seiten. Der Band kann von der Homepage des Verteidigungsministeriums frei heruntergeladen werden: www.bundesheer.at

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