Steuersenkung 2015: "Geht nicht gibt’s nicht"

Mit der Geduld am Ende ist ÖGB-Boss Foglar. Er und seine Gewerkschaftsfreunde wollen Regierung mit Kampagne noch mehr unter Druck setzen
Erich Foglar & Co. wollen im Herbst kampagnisieren, um der Regierung Dampf zu machen.

Die OECD hat am Mittwoch – einmal mehr – bestätigt, was ÖGB-Boss Erich Foglar schon vor zwei Monaten im KURIER beklagt hat: Einem durchschnittlichen Arbeitnehmer in Österreich blieb im Vorjahr bei einem Brutto-Gehaltsplus von 2,4 Prozent de facto nichts übrig, wenn man Inflation und Steuern abzieht. Mit 49,1 Prozent an Abgabenbelastung liegt Österreich unter 34 Industrieländern mit Platz 3 im unrühmlichen Spitzenfeld.

Foglar hatte die jüngste Steuersenkungs-Debatte Anfang April im KURIER-Interview losgetreten: "Wir haben es so satt. Ich weigere mich, weiterhin Lohnerhöhungen nur für den Finanzminister zu verhandeln." Den Menschen müsse wieder mehr netto vom Brutto bleiben.

Die Regierung hat zwar eine Steuerreform in ihr Programm geschrieben, bis dato ist aber nichts passiert.

Foglar will nicht weiter zuwarten. Der rot-dominierte ÖGB-Vorstand hat gestern – auch mit Zustimmung der Christgewerkschafter – beschlossen, mit der Arbeiterkammer über den Sommer ein Konzept zur Entlastung der Arbeitnehmer auszuarbeiten. Im September wird es präsentiert. Von der Regierung wird verlangt, dass die Reform schon 2015 steht.

SPÖ und ÖVP wollen bis Ende 2015 lediglich ein Gesetz vorlegen. Das haben die beiden Parteien vergangene Woche in einem unverbindlichen Parlamentsantrag festgeschrieben.

Stillstand überwinden

Was will der ÖGB konkret? Der Eingangssteuersatz (36,5 Prozent) müsse "deutlich" gesenkt werden. Auch bei den übrigen Tarifstufen solle es Änderungen geben. Details will Foglar nicht nennen. Fest steht, dass das ÖGB-Modell im Herbst intensiv beworben wird. Die Gewerkschafter wollen so den Druck auf die Regierung erhöhen, "damit die Steuerreform nicht auf den St. Nimmerleinstag verschoben wird. Wir wollen, dass der Stillstand endlich überwunden wird", sagt Foglar zum KURIER. Was ist, wenn die ÖVP dabei bleibt, dass die Reform aus budgetären Gründen ab 2015 nicht leistbar sei? "Geht nicht gibt’s nicht", stellt der ÖGB-Frontmann kämpferisch klar.

„Wir machen Druck, damit die Steuer- reform nicht auf den St. Nimmerleinstag verschoben wird.“

Ein Fünftel der Senkungskosten würden sich allein durch höhere Einnahmen bei der Umsatzsteuer (durch mehr Konsum) finanzieren. Foglar will auch "einen fairen Beitrag von jenen 83.000 Millionären, die es sich leisten können". Den Mittelstand wolle der ÖGB nicht belasten.

"Nagelprobe für die ÖVP"

Die SPÖ tat so, als fühle sie sich von der Gewerkschaft nicht unter Druck gesetzt. Im Gegenteil: Mehrere rote Regierungsmitglieder und Partei-Geschäftsführer Norbert Darabos ließen wissen: "Der ÖGB-Beschluss unterstützt den Kurs der SPÖ für eine Steuerreform." Die Steuerentlastung ab 2015 werde "zur Nagelprobe für die ÖVP". Verkehrsministerin Doris Bures sagte zum KURIER, sie erhoffe sich "mehr Tempo vom Regierungspartner".

Der denkt nicht daran, zu beschleunigen. Einmal mehr heißt es, eine Steuerreform werde es geben, "sobald das Volumen (also die Gegenfinanzierung) dafür erarbeitet ist". Spielräume seien durch "echte Reformen in den Kernbereichen Verwaltung, Frühpensionen, ÖBB-Infrastruktur und Förderungen unverzüglich umzusetzen". Das haben die ÖVP-Vorständler vergangenen Montag beschlossen. Neue Steuern kommen für die Schwarzen nach wie vor nicht infrage. Nicht nur der ÖGB, auch die SPÖ drängt ja auf Vermögenssteuern.

Was vorherzusehen war, ist gekommen. Angesichts des EU-Wahlausgangs für Rot und Schwarz spitzt sich der koalitionäre Streit um die Steuerreform zu. Noch vergangenen Freitag haben SPÖ und ÖVP im Nationalrat einen – unverbindlichen – Antrag eingebracht, bist Ende 2015 ein Entlastungskonzept vorzulegen. Erstellen soll es die "Steuerreformkommission", besetzt mit Politikern und Fachleuten.

SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder hatte schon am Sonntag im KURIER moniert, dass Finanzminister Michael Spindelegger in Sachen Kommission bremse. Nicht länger hinhalten solle er die SPÖ: "Unsere Geduld ist am Ende." Gestern befand Schieder erneut: Es sei "nicht gut", dass die Truppe noch immer nicht werke. "Mein dringender Appell an die ÖVP ist, endlich die Expertenkommission tagen zu lassen. Wir vertun uns nichts, wenn man die Steuerexperten Österreichs einmal nachdenken lässt."

Spindelegger wies das nach der gestrigen Regierungssitzung zurück: "Ich stehe zum Zeitplan "Das werden wir jetzt eintakten." Die Kommission werde "demnächst starten". Inoffiziell heißt es, die SPÖ sei säumig, habe ihre drei Experten noch nicht nominiert. Jene der ÖVP stünden bereits fest.

Grund dafür, dass Schieder & Co. über den Blockierer ÖVP klagen: Der interne Druck auf Kanzler Werner Faymann, die Bürger vor 2016 zu entlasten – und der ÖVP die Reformzusage abzutrotzen, steigt. Vom Wiener Bürgermeister Michael Häupl bis zum burgenländischen Landeshauptmann Hans Niessl – sie alle drängen auf eine Steuerreform. Teil 1 sollte schon ab Jänner 2015 greifen, sagt Niessl. In den kommenden Monaten müssten Ergebnisse her. Gebe es die nicht, sei "zu überlegen, ob diese Koalition noch sinnvoll ist. Mit Bremsern eine Koalition zu bilden, ist nicht gut für Österreich."

Rot-schwarze Phalanx

Die Gewerkschafter begehren schon seit Langem eine Steuerreform. Am Mittwoch werden sie im ÖGB-Präsidium einen entsprechenden Beschluss fassen. Bis Herbst soll ihr Modell für die politischen Verhandlungen fertig sein. Der Kern: Der Eingangssteuersatz soll von 36,5 auf 25 Prozent sinken, die "kalte Progression" weg; Vermögenssteuern seien einzuführen.

Unangenehm für ÖVP-Finanzminister Spindelegger: Die schwarzen Arbeitnehmervertreter sind mit von der Steuerreformforderungspartie. "Es muss die Entlastung so schnell wie möglich geben. Am besten schon 2015", sagt ÖGB-Vize und FCG-Mann Norbert Schnedl dem KURIER. "Der Druck der Kollegen ist enorm. Die verstehen nicht, dass von einer Lohnerhöhung nichts im Geldtascherl bleibt."

Befürwortet er Vermögenssteuern, gegen die sich seine Mutterpartei verwahrt? "Bei einer Gesamtreform mit Gegenfinanzierung sind alle Steuerarten anzudenken. Da gehören Vermögenssteuern dazu."

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