Bildungsmangel in Österreich: 31 Prozent haben Probleme beim Lesen

Symbolbild: Studierende in einem Hörsaal.
Von den Verantwortlichen im Bildungssystem wird das Zahlenwerk jedes Jahr mit einer gewissen Spannung erwartet: Die OECD-Studie „Education at a Glance“ (siehe Link) zeigt anhand unzähliger Parameter auf, wie gut sich Österreichs Bildungswesen im internationalen Vergleich schlägt
Dieses Jahr lag der Schwerpunkt im Hochschulwesen, beleuchtet wurden aber auch andere Bereiche. Wobei sich vier Bereiche herauskristallisieren lassen, in denen Österreich besonderen Handlungsbedarf hat.
Abgehängte junge Erwachsene
Laut OECD-Daten steigt in Österreich der Anteil jener jungen Erwachsenen, die weder beschäftigt noch in Ausbildung sind (sogenannte NEETs). Von 2023 bis heuer stieg der Anteil der 18- bis 24-Jährigen, die dieser Gruppe zuzuordnen sind, von 10,5 Prozent auf 12,6 Prozent. Damit liegt Österreich nur mehr knapp unter dem OECD-Schnitt (14,1 %).
Erwachsene ohne Grundkompetenzen
Relativ hoch ist in Österreich der Anteil jener Erwachsenen (25 bis 64 Jahre), die nur eine niedrige Lesekompetenz aufweisen, sich also auf oder unter der sogenannten Kompetenzstufe 1 bewegen. Betroffen sind immerhin 31 Prozent in dieser Altersgruppe. Das ist deutlich höher als im OECD-Schnitt (27,1 Prozent).
Vererbte Bildung
Dass Bildungserfolg in Österreich nach wie vor sehr stark mit der sozialen Herkunft zusammenhängt, zeigt sich insbesondere bei den Hochschul-Abschlüssen (Tertiärausbildung): Während 63 Prozent der 25- bis 34-Jährigen mit zumindest einem tertiär gebildeten Elternteil auch eine Tertiärausbildung abschließen, sind es nur 16 Prozent, wenn kein Elternteil die obere Sekundarstufe abgeschlossen hat.
In Österreich sei dieser Unterschied noch größer als in anderen Ländern, selbst im Vergleich zu jenen, in denen es hohe Studiengebühren gebe, so Andreas Schleicher vom OECD-Direktorat für Bildung und Kompetenzen. Selbst Kinder, die aus einem ungünstigen sozialen Umfeld stammen, aber sehr gut in der Schule sind, könnten sich oft nicht vorstellen, ein Studium zu absolvieren. „Umso wichtiger ist es, diesen Kindern früh ihre Horizonte zu öffnen.“
Ineffiziente Finanzierung
Zwiespältig fällt das Zeugnis hinsichtlich Bildungsausgaben aus. Pro Kind gerechnet liegen sie in Österreich im internationalen Spitzenfeld. Wobei jedoch Länder wie etwa Lettland mit einem deutlich geringeren Mitteleinsatz beispielsweise in Mathematik vergleichbare Ergebnisse erzielen. Andererseits: Gemessen am BIP gibt Österreich mit 5,4 Prozent weniger als der OECD-Schnitt (5,8 Prozent) aus.
Positiv hebt Schleicher hervor, dass die Beteiligungsquote der Vier- und Fünfjährigen an der frühkindlichen Bildung in Österreich mit 94,4 % bzw. 97 % über dem OECD-Schnitt (90,2 bzw. 85,9 %) liegt. Gut schneide Österreich auch beim Betreuungsschlüssel und den Klassengrößen in den Schulen ab.
Regierung plant "Chancenbonus"
Welche Folgerungen zieht die Politik aus diesen Ergebnissen? Bildungsminister Christoph Wiederkehr (Neos) will vor allem für mehr Chancengleichheit sorgen. Helfen soll dabei der sogenannte Chancenbonus, der ab kommendem Schuljahr zum Einsatz kommt. Dabei werden pro Jahr 65,6 Millionen Euro für Schulen zur Verfügung gestellt, die mit besonderen sozioökonomischen Herausforderungen zu kämpfen haben. In einem ersten Schritt wurden 400 Schulen für das Programm ausgewählt, die die Mittel schulautonom verwenden können – etwa für spezielles Unterstützungspersonal, Nachhilfe oder Fortbildung.
Wissenschaftsministerin Eva-Maria Holzleitner (SPÖ) will die Ergebnisse in die Hochschulstrategie 2040 einfließen lassen, die kommendes Jahr erarbeitet werden soll. Eines der Ziele ist es, eine treffsichere Studienbeihilfe zu schaffen, damit Studierende weniger als bisher auf Nebenjobs angewiesen sind.
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