Ehemaliges Hotel "über Nacht" zum Asylquartier
Aufregung wegen eines Asylwerber-Quartiers gibt es in Oberösterreich. In der Gemeinde Gallspach (Bezirk Grieskirchen) wurden am Freitag 40 Flüchtlinge in einem ehemaligen Hotel untergebracht. Weil es in dem Ort bereits ein Asylquartier gibt, ist Bürgermeister Siegfried Straßl (SPÖ) wegen der Neu-Ankömmlinge aufgebracht. Im ORF-Radio echauffierte er sich über die Vorgangsweise des Innenministeriums. Offenbar seien die Asylwerber "über Nacht" in das ehemalige Hotel gezogen. Gallspach leiste bereits seinen Beitrag „mit dieser Anzahl von Flüchtlingen, die wir betreuen“. Von seiner Seite, von den Gemeinderäten und auch der Bevölkerung gebe es kein Verständnis für die aktuelle Vorgangsweise.
Grundböck: Bereits länger geplant
Laut Innenminsterium war schon länger geplant, in einem alten Hotel in Gallspach ein Quartier für „Asylsuchende mit besonderen Bedürfnissen“ zu schaffen, erläutert Ministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck dem KURIER. Vorgesehen ist, in Gallspach z.B. Kriegsversehrte und bettlägrige Menschen unterzubringen. „Wir sind der Ansicht, dass dadurch nicht der soziale Friede gefährdet ist“, sagt Grundböck.
Wegen des Aufnahmestopps in Traiskirchen werde die Unterkunft nun vorerst für Flüchtlinge genutzt, die neu ins Land gekommen sind. Bis zu 100 Personen können in der neuen Betreuungsstelle des Bundes in Gallspach versorgt werden. Der oberösterreichische Landeshauptmann Josef Pühringer und die zuständige Landesrätin sind laut Grundböck von dem Schritt informiert worden. Er widerspricht damit Bürgermeister Straßl, der behauptet hatte, das Land Oberösterreich sei von der Vorgangsweise überrascht worden.
Kapazitäten reichen
Am Samstagvormittag hat sich das Innenministerium "vorsichtig optimistisch" gezeigt, dass die in den vergangenen Tagen geschaffenen Kapazitäten in den Bundesbetreuungsstellen ausreichen werden. Zuletzt sei die Zahl der Asylanträge im Vergleich zu den Juli-Daten unterdurchschnittlich gewesen, erklärte Sprecher Karl-Heinz Grundböck gegenüber der APA.
Das Innenressort habe sich auf das Wochenende vorbereitet, indem die Betreuungsstellen des Bundes - abgesehen von jener in Traiskirchen - auf eine mögliche Maximalbelastung ausgerichtet wurden. Diese Maßnahme umfasst etwa auch Notbetten in Speisesälen, hieß es. Mit Stand Samstagmittag waren von den 200 Plätzen noch 140 frei, das heißt, einschließlich Montag könnte man noch so viele Personen aufnehmen, ohne Notquartiere außerhalb der Bundesbetreuungsstellen aktivieren zu müssen.
Turnsäle und Zelte
Diese Notquartiere sind zunächst etwa in Turnsälen auf Liegenschaften des Innenressorts vorgesehen. Erst als letzte Konsequenz sei die Unterbringung in Zelten angedacht. Man befinde sich zwar diesbezüglich im Gespräch mit dem Roten Kreuz, dabei handle es sich aber nur um die letzte Alternative, wurde einmal mehr betont.
"Derzeit sind wir aufgrund der unterdurchschnittlichen Antragszahlen vorsichtig optimistisch", verwies Grundböck auf die jüngsten Zahlen: Während im Juli im Durchschnitt täglich 70 Asylanträge gestellt wurden, waren es am Freitag 50 und am Tag davor 45. "Das entspannt die Situation geringfügig", so der Ressortsprecher.
Die Zahl der Asylanträge ist in den vergangenen Jahren zurückgegangen. Mussten 2004 noch 24.634 Anträge und 2003 gar 32.359 bearbeitet werden, waren es 2013 nur 17.503.
Die meisten Anträge kommen von Russen, Afghanen, Syrern. Heuer stiegen die Zahlen an, zuletzt im Juli stark. Von den 16.675 Entscheidungen, die 2013 in Asylverfahren fielen, wurde in 4133 Fällen Asyl gewährt.
Nachdem der Linzer Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ), am Donnerstag Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) mit ihrem Asylwerber-Anliegen die kalte Schulter gezeigt hatte, hofft das Ministerium jetzt auf den guten Willen des Stadt-Chefs: "Wir hoffen, dass die Verantwortlichen alles unternehmen werden, damit Schutzsuchende nicht auf der Straße landen", sagt ein Sprecher des Ministeriums auf Anfrage. Bürokratische Argumente sollten nicht im Wege stehen.
Freitagnachmittag hätte man sich über den Plan, bis zu 100 Flüchtlinge für maximal sechs Monate in der Hiller-Kaserne in Linz-Ebelsberg unterzubringen, ausgetauscht, heißt es. Mit dem Bürgermeister wäre ein "gutes Gespräch" zustande gekommen.
Luger hatte dem Innenministerium zuletzt mit einer Unterlassungsklage gedroht, "denn die rechtskräftige Flächenwidmung der Kaserne verbietet eine Wohnnutzung für Asylwerber, auch übergangsweise".
Luger im Vorteil
Für die Unterbringung der Flüchtlinge müssten laut Verteidigungsministerium auch bauliche Veränderungen am Kasernenareal – etwa eine separate Zufahrt zum Gebäude und eine räumliche Trennung zu militärisch genutzten Objekten – vorgenommen werden. Als Behörde fungiert hier die Stadt Linz. Allem Anschein nach sitzt der Bürgermeister juristisch damit am längeren Ast.
Asyl in ganz Österreich
Luger ortet ferner eine zerrüttete Vertrauensbasis zwischen dem Innenministerium und den Flüchtlingen und fordert, dass "in jedem Bundesland mehrere kleinräumige Aufnahmezentren entstehen sollten."
Soziallandesrätin Gertraud Jahn (SP) versuchte, die Diskussion rund um die Kaserne Ebelsberg zu entspannen. Sie bot an, 100 Personen aus Erstaufnahmezentren des Bundes zu übernehmen und bis Ferienende in Internaten von Schulen unterzubringen. Welche Internate das sind, ist bis dato nicht bekannt.
Laut dem Innenministerium werde am Montag die Situation in der Kaserne erneut geprüft, danach stehe abermals ein Gespräch mit Luger an. Bereits am Donnerstag hatten Ministeriumsbeamte die Kaserne für geeignet befunden.
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