Niessl: "Auch Österreich muss entlastet werden"

Niessl: "Österreich muss entlastet werden. Wir stemmen eine sehr hohe Belastung."
Flüchtlingsaufnahme: Burgenlands Landeshauptmann fordert Umverteilung für Österreich.

KURIER: Herr Niessl, haben Sie bei der Diskussion um das Relocation-Abkommen ein Déjà vu?

Hans Niessl: Es erinnert mich an die Obergrenzen-Diskussion. Ich verstehe die Kritik an Kanzler Kern und Verteidigungsminister Doskozil nicht. Das ist ein vernünftiger Kurs. Sie vertreten die Meinung von 80 Prozent der Österreicher. Österreich ist bei der Flüchtlingsaufnahme im Pro-Kopf-Vergleich die Nummer eins in Europa. Es versteht niemand, dass wir nun im Zuge eines Relocation-Programms weitere Flüchtlinge aufnehmen sollen. Auch bei der Einführung der Grenzkontrollen oder dem Assistenzeinsatz gab es Kritik und im Nachhinein hat sich gezeigt, dass richtig gehandelt wurde.

Im Gegensatz zur Obergrenze geht es bei der Relocation um einen EU-Vertrag. Soll Österreich ein Vertragsverletzungsverfahren riskieren?

Verträge muss man auch evaluieren können. Wenn sich die Bedingungen seit dem Vertragsabschluss verändert haben, muss man sie modifizieren.

Wollen Sie, dass in einem neu verhandelten Relocation-Abkommen auch Flüchtlinge, die in Österreich sind, in andere EU-Ländern gebracht werden?

Wir diskutieren nun schon seit zwei Jahren, wie es zu einer gerechten Verteilung der Flüchtlinge in Europa kommen kann. Alle müssen solidarisch einen Beitrag leisten, man kann nicht nur Geld aus Brüssel nehmen.

Heißt das nun, dass Flüchtlinge, die sich in Österreich aufhalten, umverteilt werden sollen?

Das wollte ich damit sagen. Österreich muss entlastet werden. Wir stemmen eine sehr hohe Belastung.

Wie viele Flüchtlinge sollen umverteilt werden?

Das würde ich ergebnisoffen sehen. Wichtig ist, dass es eine Entlastung für Österreich gibt und eine faire Verteilung umgesetzt wird. Ein zweiter wichtiger Punkt müssen die Abschiebungen sein. Wir brauchen dringend Rücknahmeabkommen etwa mit Marokko. Außerdem man muss feststellen, woher die Flüchtlinge tatsächlich kommen. Bei den Afghanen höre ich, dass viele seit einigen Jahren im Iran leben und nun zu uns kommen. Das kann nicht sein.

Michael Häupl würde die 50 Flüchtlingskinder in Ottakring aufnehmen. Wenn es keinen Aufschub gibt, würden Sie die Flüchtlinge in Ihrem Heimatort Frauenkirchen aufnehmen?

Das ist sicher nicht mein Bestreben. Die Regierung muss bei den Verhandlungen geschlossen auftreten und mit Zahlen, Daten, Fakten klar machen, dass wir über Gebühr geleistet haben.

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