Neustart statt Neuwahlen

Landeshauptleute wollen Neustart vereinbaren
FPÖ in Umfragen zu weit vorne

Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner schätzt die Chance auf Neuwahlen fifty/fifty, betont aber gleichzeitig, dass in der ÖVP niemand Neuwahlen anstrebe.

Diese Aussage trifft die aktuelle Situation genau: Die Lage ist heikel, es könnte eine Neuwahl-Dynamik entstehen, doch gewollt ist das nicht.

Am Dienstagabend treffen die Spielmacher in SPÖ und ÖVP, die Landeshauptleute, in Salzburg zum gemeinsamen Abendessen zusammen. Es bildet den Auftakt für die heute, Mittwoch, stattfindende Landeshauptleute-Konferenz. Vor dem Abendessen werden sie gemeinsam durch die Museen des Domquartiers spazieren. In der erbaulichen Atmosphäre von Kunst & Kulinarik sollen sich die Landeshauptleute darauf verständigen, der rot-schwarzen Koalition einen letzten Versuch für einen Neustart zu geben.

Recherchen bei unterschiedlichen Gesprächspartnern in der ÖVP erbringen folgende Gründe gegen Neuwahlen:

Erstens: "Die Leute wollen keine Neuwahlen, sondern dass die Regierung arbeitet", wie Landeshauptmann Josef Pühringer sagt.

Zweitens: Die Stimmung ist extrem ungünstig gegen die Koalitionsparteien. Die Regierung ist bei den Wählern unten durch, das Flüchtlingsthema dominant, die FPÖ befindet sich auf einem Höhenflug. Eine Neuwahl würde wohl einen Zehn-Prozent-Vorsprung der FPÖ auf die zweitstärkste Partei bringen. Der FPÖ wäre dann das Kanzleramt nur mit einer wackligen Verlierer-Koalition, vermutlich mit einem dritten Partner, zu verwehren.

Drittens: Wenn Norbert Hofer am 22. Mai zum Bundespräsidenten gewählt wird, macht die FPÖ einen riesigen Schritt hinaus aus dem Schmuddel-Eck, denn das Bundespräsidentenamt genießt in Österreich immer noch hohes Ansehen. Zusätzlich will nun auch die SPÖ ihr Koalitions-Tabu gegenüber der FPÖ aufheben. Da wird es politisch immer schwieriger zu argumentieren, warum die FPÖ in einer Bundesregierung nicht tragbar sein soll.

Risikofaktoren

Hineinschlittern könnte die Regierung in Neuwahlen, wenn der neue SPÖ-Chef und Kanzler politische Fehler macht. Etwa, indem wieder nur Propaganda und PR statt effektiver Reformarbeit gemacht wird. Die Hoffnung der ÖVP ist, dass mit einem zupackenden Manager das Wirtschaftsklima ins Positive gedreht werden und die Entbürokratisierung spürbar angegangen werden kann.

Im Gegenzug, so sagen viele ÖVPler, würde sich die ÖVP bei der Bildungsreform bewegen müssen.

Wenn es die Regierung schaffe, der Bevölkerung zu beweisen, dass sie doch etwas zustande bringe, könne die Legislaturperiode planmäßig bis zum Herbst 2018 laufen. Wenn nicht, könnte die ÖVP ein Ende mit Schrecken vorziehen und sich in Neuwahlen wagen.

Was bedeutet diese Gemengelage für die beiden Kandidaten Gerhard Zeiler und Christian Kern?

Die SPÖ wird ihnen die Frage stellen müssen, ob sie bereit sind, auch in der Opposition die Partei zu führen. Wenn sie das nicht sind, muss sich die SPÖ unter Umständen bald wieder einen neuen Obmann suchen.

In der ÖVP äußern sich einige den beiden gegenüber neutral. Manche bevorzugen Kern, weil sie Zeiler nicht kennen. Manche bevorzugen Zeiler, weil sie ihm mehr strukturelle Reformarbeit und weniger Selbstinszenierung zutrauen als Kern. Das lustigste Argument gegen Kern war aus einem ÖVP-Bundesland zu hören: "Kern mag bei Bahnhofseröffnungen keine Blasmusik."

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