Asylhürden: SPÖ versucht, Abweichler einzufangen

Häupl missfällt strenger Kurs von Faymann und Burgenlands Niessl.
"Notstand"-Paragrafen sollen noch im April beschlossen werden; Caritas & Co warnen.

Johanna Mikl-Leitner hinterlässt ein politisch hochbrisantes Erbstück. Nicht nur Hilfsorganisationen schreien ob eines Papiers, das im Innenministerium erarbeitet worden ist, auf. Auch in der SPÖ gibt es Widerstand.

Die geplante Neuerung: Spätestens ab Anfang Juni soll rechtlich möglich sein, "Sonderbestimmungen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und des Schutzes der inneren Sicherheit" zu erlassen. Dann, wenn "auf Basis der Prognosen zur Entwicklung der Asylantragszahlen" mit "Funktionsstörungen" im "Asylwesen und in anderen öffentlichen Bereichen" zu rechnen sei, wie es technisch heißt. Wegen der 90.000 Asylanträge sei es bereits 2015 "zu akuter Überlastung gekommen". Damit könnte dem Gros der Flüchtlinge ein Asylverfahren verwehrt werden: Sie dürften nicht auf das Staatsgebiet, oder müssten es verlassen. Ausgenommen wären nur Menschen mit engen Angehörigen in Österreich – oder solche, denen andernorts Folter etc. droht. Es soll Schnellverfahren an der Grenze geben.

Eilverfahren

Rasch soll das gesetzlich fixiert werden: Ziel von Rot und Schwarz ist, die Causa schon kommenden Donnerstag im Innenausschuss des Parlaments zu behandeln, Ende April soll diese rigorose Asylrechtsverschärfung im Nationalrat beschlossen werden. Anders als üblich, können Experten den Gesetzesentwurf ob des Zeitdrucks nicht begutachten.

Der Wiener SPÖ von Michael Häupl missfällt der harte Flüchtlingskurs der Regierung. Diese Asyl-"Notverordnung" regt sie besonders auf; sie sei inakzeptabel. Am Samstag ist Landesparteitag. Werner Faymanns Vertraute Doris Bures wollte die Flüchtlingslinie der Koalition im "Leitantrag" verankert haben. Damit kam sie nicht durch – weil in der Wiener SPÖ nach wie vor die Vertreter einer humaneren Flüchtlingspolitik dominieren. Auch rote Nationalratsabgeordnete rebellieren dagegen, das Asylrecht auszuhebeln. Und so hat SPÖ-Heeresminister Hans Peter Doskozil gestern versucht, die Skeptiker über die Hintergründe des neuen Gesetzes aufzuklären. "Ich glaube nicht, dass das Asylrecht damit ausgehebelt wird, denn die Dublin-Verordnung regelt die formale Zuständigkeitsfrage für einen Asylantrag, prüft aber die Asylfrage nicht inhaltlich. Das heißt: Der Asylantrag kann auch im Nachbarland, etwa in Slowenien oder Ungarn, abgehandelt werden."ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka findet ebenfalls nichts Verwerfliches an der Novelle: "Der Schutz der wesentlichen Grundrechte wird sichergestellt. Es geht darum, wie Österreich in der Lage ist, die Obergrenze von 37.500 Asylanträgen 2016 einzuhalten. Österreich fährt keine Null-Politik. Wir helfen den Menschen in dem Umfang, in dem wir können. Der legistische Vorschlag, der eben ausgearbeitet wird, setzt die Standards, die in Gutachten verlangt wurden, um."

Alarm

NGOs sind entsetzt. Österreich verabschiede sich vom Grundsatz, dass alle Schutz bekommen, die ihn brauchen, sagt Caritas-Präsident Michael Landau. Für Diakonie-Direktor Michael Chalupka wird "ein Notstand konstruiert, der keiner ist". Sie und Rot-KreuzGeneralsekretär Werner Kerschbaum appellieren an die Mandatare, diesem Gesetz nicht zuzustimmen. Landau: "Asyl ist ein heiliges Recht."

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