Neue Asylagentur soll Einsparungen bei Flüchtlingsberatung bringen
Ausgerechnet einen Tag vor dem Bekanntwerden des "Ibiza-Skandals" haben ÖVP und FPÖ im Mai beschlossen, die bisher unabhängige Beratung für Asylwerber in die Hände staatlicher Behörden, an die sogenannte Bundesbetreuungsagentur (BBU), zu übergeben.
Trotz heftiger Proteste von Flüchtlingshilfe-NGOs hat Innenminister Wolfgang Peschorn am Donnerstag die Gründungsurkunde der von seinem Vorgänger Herbert Kickl auf Schiene gebrachten neuen Asylagentur (BBU) unterzeichnet. "Die gesetzlich angeordnete Überführung der Aufgaben der Grundversorgung auf die BBU bietet die Chance eines Kassensturzes und eine Neuausrichtung bei der Betreuung der Asylwerber. Ich erwarte mir, dass die Gesellschaft diese Chance im Interesse der Republik Österreich nützt", sagte Peschorn.
Leiten wird die Agentur Andreas Achrainer. Er hat die Aufgabe, die BBU organisatorisch und personell zu entwickeln. Achrainer ist Jurist und war Landesgeschäftsführer des Roten Kreuzes in Niederösterreich und Burgenland, danach fusionierte er in Wien das Hartmannspital und das Krankenhaus St. Elisabeth zum heutigen Franziskus-Spital. Derzeit ist Achrainer in der Austrian Medicines Verification System GmbH (AMVS) für die Umsetzung der Arzneimittelrichtlinie in Österreich zuständig.
Konkret sind ab 1. Jänner die Bereiche Grundversorgung, Rechts- und Rückkehrberatung, Menschenrechtsbeobachtung sowie Übersetzungs- und Dolmetschleistungen für Asylwerber und anerkannte Flüchtlinge betroffen.
Später, nämlich ab Juli 2020, soll sie außerdem die Arbeit der ORS Service GmbH (betreut für die Republik alle Asylsuchenden, die sich in Bundesbetreuung befinden) übernehmen. Das alles mit dem Ziel, die Administrationskosten bei der Flüchtlingsbetreuung zu senken.
Doch an der Wirksamkeit dieser Maßnahme gibt es von vielen Seiten Zweifel.
"Das geben die Fakten nicht her"
Doch der erwünschte Effekt werde unmöglich zu erzielen sein, meint etwa Neos-Asylsprecherin Stephanie Krisper. "Die Regelung wurde als Verbesserung und Effizienzsteigerung verkauft, die auch noch Geld sparen soll. Doch das geben die Fakten nicht her", betont sie gegenüber dem Standard.
Die anvisierte Kostensenkung könnte etwa durch weniger Personal – etwa in den Erstaufnahmezentren - erreicht werden. Ab dem zweiten Halbjahr 2021 soll die dortige Mitarbeiterzahl um bis zu 61 Vollzeitstellen verringert werden.
Im Gegensatz dazu sollen laut Standard von den Mitte 2021 insgesamt 373 in der Grundversorgung tätigen Personen 122 ausschließlich administrative Tätigkeiten verrichten. Laut Krisper bedeute das, dass 2021 rund jeder fünfte Asylsozialbetreuer seinen Job verlieren werde.
Auch im Bereich der Rechtsberatung wird es künftig weniger Personal geben, als aktuell. Alles Maßnahmen, vor der mehrere im Flüchtlingswesen engagierte Organisationen bereits im Oktober warnten. Man hoffe auf eine Rücknahme des Gesetzes, sagten Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser, Erich Fenninger von der Volkshilfe, Ex-Justizministerin Maria Berger und Ferry Maier damals. "Wir stehen vor einer dramatischen Beschneidung des Rechts auf ein faires Asylverfahren", warnte Moser. Fenninger erklärte damals im Hinblick auf die Regierungsverhandlungen: "Wir wollen eine Bundesregierung entstehen sehen, die diese Fairness wieder herstellt.“
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