Asyl in Österreich: NGOs fordern Abrücken vom türkis-blauen Kurs

Diakonie-Chefin Moser.
Alte Regierung wollte die Rechtsberatung für Asylwerber de facto verstaatlichen. Flüchtlingshelfer protestieren gegen die geplante Agentur.

Ausgerechnet einen Tag vor dem Bekanntwerden des "Ibiza-Skandals" haben ÖVP und FPÖ beschlossen, die bisher unabhängige Rechtsberatung für Asylwerber in die Hände staatlicher Behörden zu übergeben. Ab 1. Jänner 2020 soll die sogenannte Bundesagentur für Betreuungs-und Unterstützungsleistungen (BBU) loslegen. Derzeit wird per Ausschreibung ein Geschäftsführer gesucht.

Mehrere im Flüchtlingswesen engagierte Organisationen haben sich zusammengeschlossen, um gegen diese Agentur zu protestieren. Man hoffe auf eine Rücknahme des Gesetzes, sagten Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser, Erich Fenninger von der Volkshilfe, Ex-Justizministerin Maria Berger und Ferry Maier am Montag in einer Pressekonferenz. "Wir stehen vor einer dramatischen Beschneidung des Rechts auf ein faires Asylverfahren", warnte Moser.

#fairlassen

Nicht nur die Diakonie hofft nun auf ein Umdenken unter einer neuen Regierung. "#fairlassen" heißt der Zusammenschluss aus Organisationen wie etwa Caritas, SOS Mitmensch und Amnesty International, der an die künftigen Koalitionsverhandler bereits appelliert, sich das Ganze noch einmal anzuschauen. Für Moser wäre eine Rechtsberatung unter Federführung des Innenministeriums so, "als würde Nestle den Konsumentenschutz übernehmen".

Den Grundsatz auf ein faires verfahren sieht auch die ehemalige Justizministerin Berger (SPÖ) bedroht. Den Zugang zu einem fairen Verfahren sehe auch die Grundrechtecharta vor. Etwas Unfaires beschlossen hat die türkis-blaue Regierung unter Federführung des damaligen Innenministers Herbert Kickl (FPÖ) auch für Fenninger. "Wir wollen eine Bundesregierung entstehen sehen, die diese Fairness wieder herstellt", fordert er.

"Ungeheuerlich und dreist"

Unterstützung für die Sache kommt auch aus der Kulturszene. Für die Schauspielerin Hilde Dalik ist das geplante Zutrittsverbot für die Zivilgesellschaft in Betreuungseinrichtungen "ziemlich ungeheuerlich und dreist". "Diese Unterstützung von Asylwerbern ist kein Luxus, sondern notwendig", stellte sie fest, die Übernahme durch eine Bundesagentur sei zudem eine "Lose-lose-Situation": Auch der Staat verliere dabei kostenlose Hilfe durch Organisationen.

Der der langjährige ÖVP-Abgeordnete und ehemalige Flüchtlingskoordinator Ferry Maier sparte ebenso nicht an Kritik. Beide ehemaligen Regierungsparteien hätten "sehr eindrucksvoll dargelegt, was sie von der Leistung und dem Engagement der Zivilgesellschaft eigentlich halten". Für ihn zählt nun der politische Wille einer künftigen Regierung ebenso wie für Moser, die nach wie vor den "Glauben an die Vernunft" nicht verloren hat.

Kickl verteidigt türkis-blaues Vorhaben

Naturgemäß anders sieht das Ex-Innenminister Kickl: In einer Reaktion am Montag verteidigte er die BBU. Die Forderung nach deren Rücknahme sei "ein weiterer Schritt in Richtung asylpolitischer Ausverkauf der Interessen der österreichischen Bevölkerung", meinte er wieder in bekannter FPÖ-Oppositionsmanier. Flüchtlingsberatung will Kickl als eine "hoheitliche Aufgabe" verstanden wissen. Laut ihm würde diese in der Agentur "unabhängig, weisungsfrei und objektiv" gemacht werden.

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