Meinl-Reisinger: Mit gutem Willen und langem Atem

ARBEITSKLAUSUR DER BUNDESREGIERUNG: MEINL-REISINGER
Die pinke Parteichefin ist heute Abend erstmals in neuer Rolle im ORF-„Sommergespräch“.

Es ist ihr achtes „Sommergespräch“, aber keineswegs Routine, denn am Montagabend sitzt Beate Meinl-Reisinger nicht mehr nur als Neos-Chefin vor den ORF-Kameras, sondern als Außenministerin. 

Und das in Zeiten großen weltweiten Aufruhrs – mit zwei Kriegen und einem US-Präsidenten, der Donald Trump heißt. Hausintern hat Meinl-Reisinger nebenbei mit einem Sex-Skandal zu kämpfen: Ein EU-Botschafter wurde nach Bekanntwerden seines Sadomaso-Blogs abberufen.

Zumindest innerhalb der Neos scheint die Welt einigermaßen in Ordnung: Gerade erst feierte die Partei, die vor 13 Jahren von Matthias Strolz mit einer Handvoll Mitstreitern gegründet wurde, das Knacken der 4.000-Mitglieder-Marke, und in Umfragen verzeichnet sie mit zehn Prozent ein leichtes Plus im Vergleich zur Nationalratswahl (APA-Wahltrend vom 30.7.).

Wie schnell es wieder bergab gehen kann – schlag nach bei den Grünen. Die liegen nach ihrer ersten Regierungsbeteiligung im Bund aktuell bei neun Prozent und sind schwächste Partei im Parlament. 

Und dennoch kann sich Pink von Grün etwas abschauen: Nämlich, neben einer (scheinbar) übermächtigen Partei aufzufallen und den eigenen Positionen treu zu bleiben.

Ja, aber ...

Ein Zwischenfazit nach knapp sechs Monaten fällt bescheiden aus: Beim Pensionsthema mussten die Pinken arge Abstriche machen. Die tiefgreifende Reform, die sie jahrelang im Einklang mit vielen Experten gefordert haben, geht sich in der Koalition mit ÖVP und SPÖ nicht aus.

Bei der Bildung hat Minister Christoph Wiederkehr, vormals Vizebürgermeister in Wien, mit dem hohen Anteil an nicht-deutschsprachigen Kindern zu kämpfen. Auch wenn der Wille da ist: die Millionen, die notwendig wären, um die Schulen aufzupäppeln, sind es nicht.

Beim Thema Überwachung sind die Neos eingeknickt. Der „Bundestrojaner“, den sie vor einigen Jahren noch gemeinsam mit der SPÖ zu Fall gebracht haben, haben, kommt – nur zwei Mandatare (Stephanie Krisper und Nikolaus Scherak) blieben bei der Abstimmung im Plenum ihrer Linie treu.

Um die Verwaltungsreform muss sich mit Sepp Schellhorn einer annehmen, der in der Vergangenheit besonders laut gegen Bürokratie und Föderalismus gewettert hat. Ob er sein Geld als Staatssekretär für Deregulierung wert ist, wird sich weisen.

Nach hitzigen Debatten und dem ein oder anderen Koalitionszwist im Sommer stehen im Herbst nun einige große Reformen an. Meinl-Reisinger – dreifache Mutter und passionierte Läuferin – muss zeigen, was sie kann. Den langen Atem hat sie: Sie ist die aktuell längstdienende Parteichefin im Parlament.

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