Nehammer zu Ukraine: "Situation spitzt sich dramatisch zu"

Nehammer zu Ukraine: "Situation spitzt sich dramatisch zu"
Kanzler und Außenminister zeichnen drastisches Bild der Lage. Russischer Botschafter ins Außenamt zitiert.

"Die Situation in der Ukraine spitzt sich dramatisch zu", erklärte Bundeskanzler Karl Nehammer am Dienstagnachmittag bei einer gemeinsam mit Außenminister Alexander Schallenberg absolvierten Pressekonferenz. Die Lage in Charkiw sei schrecklich. Auch in Kiew sei stündlich mit einem Angriff zu rechnen. Er habe enorme Hochachtung vor den Menschen in der Ukraine, die um ihr Heimatland kämpfen, betonte Nehammer. Er befinde sich in ständigem Austausch mit Präsident Wolodymyr Selenskyj und Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko.

Dramatisch sei auch die Lage der Menschen, die die Ukraine verlassen wollen. Nehammer berichtete, dass er den Außenminister beauftragt habe, den russischen Botschafter zu zitieren. Russland müsse humanitäre Korridore für Kiew und Charkiw garantieren. Der russische Präsident Wladimir Putin sei voll verantwortlich zu machen, wenn Österreicher zu Schaden kämen und generell wenn es Verbrechen gegen die Menschlichkeit aufzuklären gelte.

Es sei dramatisch, wie viele Soldaten jetzt sterben müssten, weil sich "einer eingebildet hat, dass wieder Krieg in Europa sein muss". Nehammer rief Russland zur Waffenruhe auf, auch wenn mancher sagen möge, es sei naiv, dass der österreichische Bundeskanzler das tue.

Außenminister Schallenberg berichtete von seiner Zitierung des russischen Botschafters ins Außenamt. Es sei das dritte Mal gewesen - und er habe deutlich gemacht, dass es keine Rechtfertigung für den russischen Angriff gebe.

Angriffe auf Zivilisten und zivile Einrichtungen, von denen berichtet wird, könnten als Kriegsverbrechen angesehen werden - auch das habe er dem Botschafter klargemacht. Die Dokumentationen der Kriegsverbrechen würden an den Internationalen Strafgerichtshofe in Den Haag übermittelt.

In der Frage der Flüchtlinge unterstrich Nehammer seinen bereits bekannten Standpunkt, dass es bei der Ukraine um einen Teil der europäischen Familie gehe und diese Situation daher anders zu behandeln sei als andere Fluchtbewegungen.

Schallenberg illustrierte seine persönliche Betroffenheit durch eine Schilderung seiner Begegnung mit seinem ukrainischen Amtskollegen Dmytrp Kuleba vor drei Wochen. Damals habe man am Abend noch ein Glas Wein gemeinsam getrunken - heute wisse der nicht, ob er in einer Woche noch am Leben sein werde.

Zur Frage einer EU-Mitgliedschaft der Ukraine meinte Nehammer, der "emotionale Wunsch" danach sei gut nachzuvollziehen. Jetzt aber brauche es rasche, unbürokratische Hilfe und Kooperation - das habe Vorrang vor dem lange dauernden, komplexen Prozess eines EU-Beitritts.

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