Nehammer: "Der Hass in Kickls Rede war Grund für die Eskalation"
KURIER: Herr Innenminister, wurde Herbert Kickl nun angezeigt oder nicht? Er behauptet, es habe keine Amtshandlung gegeben.
Nehammer: Das müsste ein ehemaliger Innenminister wissen: Anzeigen erfolgen nach dem Offizialprinzip und da Herbert Kickl den Beamten hinlänglich bekannt ist, war wohl auch keine Identitätsfeststellung notwendig. Er hat den polizeilichen Einsatz mit seinem unangemeldeten Auftreten am Heldenplatz wesentlich erschwert.
Haben Sie Kickls Aussagen über Israel antisemtisch empfunden?
Es ist völlig inakzeptabel, Israel ein Apartheidsystem vorzuwerfen, und es gab noch andere solcher Phrasen. Der Parlamentarier Martin Engelberg hat gesagt, das sei klar antisemitisch.
Soll Kickl zurücktreten, wie das der VP-Generalsekretär Melchior gefordert hat?
Das ist nicht meine Aufgabe zu fordern. Aber klar ist: Grund für die Gewaltexzesse nach Auflösung der Versammlung war, dass Kickl und die anderen Redner sehr viel Hass und Aggressivität verbreitet haben. Es kam dann zu verstörenden Szenen, bei denen auch Nazi-Parolen gefallen sind. Jede demokratisch in das Parlament gewählte Partei und auch der Ex-Innenminister müssen dafür sorgen, dass es nach ihren Veranstaltungen keine Gewaltexzesse gibt.
Kickl war ja Innenminister einer ÖVP-geführten Regierung mit der FPÖ. Haben Sie sich so in Kickl getäuscht?
In der Nachschau ist man klüger. Man sollte Menschen nach ihrem Tun und Handeln bewerten. Das was er nun macht, ist verantwortungslos und gefährlich.
Die Eskalationsspirale dreht sich nach oben. Es gab erstmals Gewalt mit Verletzten. Wird die Polizei künftig härter vorgehen?
Ich war von der Leistung der Kollegen begeistert. Wir werden uns dafür rüsten müssen, dass künftige Einsätze schwieriger werden, wenn Agitatoren wie Kickl auftreten.
Sie schließen ein härteres Vorgehen nicht aus?
Es ist immer ein angemessenes Vorgehen aufgrund der Ereignisse notwendig. Aber wenn mehr Gewalt seitens der Demonstranten angewandt wird, muss die Polizei mit Zwangsgewalt darauf reagieren. Das ist schwierig, aber die Polizisten sind dafür ausgebildet und ausgerüstet.
Die Wiener Grünen werfen der Polizei vor, dass sie bei rechtsextrem Vorfällen wegschaut. Können Sie das ausschließen?
Gerade dieser Einsatz zeigt doch das Gegenteil. Wir haben über 3.000 Anzeigen und drei Anzeigen wegen des Verbotsgesetzes. Die Polizei geht allen Verstößen nach. Bei einer gewissen Demonstrationsgröße kann man nicht alle Delikte gleich ahnden, aber es gibt immer eine gute Videodokumentation durch die Polizei, und da kann es im Nachhinein noch zu Anzeigen kommen.
Wie kann man den Bürgern erklären, dass Versammlungen untersagt werden und dann 20.000 demonstrieren. Hat die Polizei die Kontrolle verloren?
Man kann dem Anmelder eine Demonstration verbieten. Wenn dann aber dennoch Menschen kommen, darf man sie ja nicht gleich gewaltsam auflösen. Die grundsätzliche Entscheidung, dass in Pandemie-Zeiten Versammlungen möglich sind, hat das Gesundheitsministerium getroffen.
Sollte das aus Ihrer Sicht eingeschränkt werden?
Ich bespreche mit dem Gesundheitsminister oft, wie wir die Sicherheit erhöhen können, gerade jetzt wenn neue Mutationen auftauchen.
Drängen Sie ihn zu einer härteren Vorgangsweise?
Ich mache ihn immer darauf aufmerksam, wie schwierig die Situation auch für die Einsatzkräfte ist
Aber er erhört Sie nicht?
Wir diskutieren intensiv.
Wie erklärt man Kindern, dass Sie im Freien nicht gemeinsam Sport machen dürfen, aber am Abend im TV 20.000 Menschen ohne Masken und Abstand sehen?
Es liegt an uns Eltern, den Kindern auch Dinge zu erklären, die unverständlich sind. Dass das ein unverantwortliches Handeln ist, und es wichtig ist, dass wir aufeinander achten und es Erwachsene gibt, die das nicht tun.
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