In Kickls Rede bei der Protestkundgebung am Samstag im Prater war einerseits die übliche rechtsradikale Kampfrhetorik deutlich erkennbar: in die Menge gebrüllte Siegverheißungen, Hand in Hand mit der Herabwürdigung des republikanischen Establishments („Es stinkt in dieser Republik. Sie muss durchlüftet werden“).
Neu waren jedoch philosophische Versatzstücke („Man kann nicht nicht-handeln“; „Der Mensch ist frei geboren, und überall liegt er in Ketten“) sowie ein kräftiger Schuss Esoterik („Der Mensch ist mehr als nur Materie“; „Wir sehen die Dinge ganzheitlich“).
Das Ergebnis dieser Mischung war eine politisch-hetzerische, pseudointellektuelle Ansprache, mit der Kickl dem schwer fassbaren, seltsam zusammengewürfelten Demo-Publikum gerecht werden wollte.
Ist ja auch wirklich neu für die Freiheitlichen. Seit den 1980er-Jahre waren sie es, die die (rechten) Protestbewegungen in Österreich gezündet, dirigiert und am Wahltag politisch eingesackt haben. Jetzt ist hier plötzlich eine Bewegung entstanden, der die FPÖ nachlaufen muss.
Nun könnte man sich über die Verrenkungen der Blauen lustig machen, aber leider hat die Sache einen gefährlichen Kern.
Die Corona-Gegner – allein schon der Name! Als ob es irgendjemanden gäbe in dem Land, der Corona „befürwortet“ – sind nach ersten Expertenbefunden keine ideologisch beschreibbare Bewegung. Jeder protestiert für oder gegen etwas anderes. Die Leute wollen auch nicht diskutieren oder überzeugt werden, sie haben eine abgeschlossene Meinung, und sei diese noch so weltfremd. Manche sind nachvollziehbar sauer, weil ihre Existenzen ruiniert sind und die Entschädigungen nicht reichen, andere wollen an Verschwörungen glauben und sehen das als ihr gutes Recht.
Aufklärung? Strikt unerwünscht.
Und darin liegt die Gefahr. Eine protestierende Masse, die rationalen Argumenten unzugänglich ist, und der es egal ist, dass sie von Rechtsradikalen organisiert und vereinnahmt wird. Sie schwingen die Fahnen der Freiheit in Kameraderie mit den ideologischen Nachfahren der schlimmsten Diktatur, die es hierzulande je gab.
Dass eine Parlamentspartei hier noch hetzerisch reinpfeffert, um parteipolitisch mitzuschneiden, ist schockierend. Den ersten Schwerverletzten hat es am Samstag bereits gegeben. Ist der FPÖ klar, was sie da tut und in der Folge verantwortet? Das kann politisch schwer ins Auge gehen.
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