Van der Bellen "weiß es jetzt": Kickl will Regierung als Kanzler anführen
Bundespräsident Alexander Van der Bellen empfängt derzeit die Chefs der jeweiligen Parlamentsparteien, geordnet nach ihrem Ergebnis bei der Nationalratswahl. Den Anfang durfte am Freitag FPÖ-Chef Herbert Kickl machen.
Die große Frage ist, ob ihn Van der Bellen mit der Regierungsbildung beauftragen wird. Zum Treffen äußerte sich Kickl am Freitag noch nicht, dafür aber Samstagvormittag bei einer kurzen Pressekonferenz. Nachfragen von Journalisten waren nicht zugelassen.
"Vertrauen uns Misstrauen wurden neu verteilt"
Mehr als 1,4 Millionen Wähler hätten die FPÖ erstmalig zur stärksten politischen Kraft gemacht, so Kickl eingangs. "Der Souverän hat damit ein Machtwort am vergangenen Sonntag gesprochen."
Sie hätten das mit einer beeindruckenden Klarheit getan: "Vertrauen und Misstrauen sind neu verteilt worden", sagt Kickl. Diese Deutlichkeit könne man nicht ignorieren, "wenn man für sich in Anspruch nimmt, ein guter Demokrat sein zu wollen", so der FPÖ-Chef, dessen Partei mit einem Plus von 13 Prozentpunkten und insgesamt 28,8 Prozent der Wählerstimmen erstmals Platz eins bei einer Nationalratswahl erreichte.
Kritik an Wahlverlierern
Das Wahlergebnis sei ein "klarer Auftrag" für eine patriotische Kraft an der Spitze der neuen Regierung, die sich selbst als Werkzeug des Volkes verstehe. Konsterniert, geschockt und enttäuscht seien wiederum viele Wähler über das Bild gewesen, das staatstragende Parteien direkt nach der Wahl in der Öffentlichkeit abgegeben hätten, so der FPÖ-Vorsitzende.
Wahlverlierer hätten sich gefeiert: "Als sei es das Normalste der Walt, dass man als ganz, ganz Kleiner die höchsten Ansprüche stellen kann." Spitzenvertreter dieser Parteien hätten sich zur Schau und bloßgestellt, so Kickl. Das Signal sei gewesen: "Wenn es um uns geht, dann machen wir, was wir wollen. Egal, wie ihr gewählt habt."
Kickls Hand ist ausgestreckt
Er hoffe, dass nur der erste Schock zu "diesen bizarren" Reaktionen der Wahlverlierer geführt habe. Es sei an der Zeit, den Wählerwillen anzuerkennen. Kickl wiederholt einen Sager, den er bereits mehrmals getätigt hat: "Unsere Hand ist ausgestreckt." Die Rezession, die schlechten Budgetprognosen, das angeschlagene Pflegesystem, islamistischer Terror, Kulturkämpfe an Schulen: "Es ist ein sehr, sehr großer Berg an schwierigen Aufgaben. Aber viel größer noch ist unsere Entschlossenheit und Wille, sie anzupacken, sie im Schulterschluss mit der Bevölkerung zu lösen", sagt Kickl.
"Eines ist klar: Alleine werden wir das nicht können. Wir brauchen einen Partner dafür. Einen, wo Stabilität in der Zusammenarbeit gegeben ist", so Kickl. Die FPÖ benötige einen Partner, den es nicht um sich selbst, sondern um die Zukunft des Landes gehe. "Wenn unsere Gesprächspartner dieselben Ziele haben, dann sehe ich den kommenden Wochen und Monaten mit sehr, sehr viel Zuversicht entgegen", so Kickl.
Treffen mit Van der Bellen: "Direkt und geradeaus"
Und der Gesprächstermin mit Van der Bellen? "Auch wenn wir des Öfteren unterschiedlicher Meinung sind, das ist ja kein Geheimnis, dann habe ich auch im persönlichen Gespräch immer offen, direkt und geradeaus mit dem Bundespräsidenten kommuniziert und so habe ich das auch gestern gehalten", sagt Kickl. Ein Zustand, wo immer alle einer Meinung seien, sei aus seiner Sicht in einer Demokratie ohnehin "überhaupt nicht" erstrebenswert.
"Eines war diesmal anders, ganz anders", sagt Kickl. Diesmal sei er nicht als Obmann einer Oppositionspartei mit 16 Prozent der Stimmen bei Van der Bellen gewesen, sondern als Sprachrohr von 1,4 Millionen Österreicherinnen und Österreichern. Genau das und seine Interpretation des Wahlergebnisses habe er auch Van der Bellen nähergebracht: "Die Kurzfassung lautet: Es gibt nur einen großen Gewinner und nicht viele."
"Atmosphärisch angenehm und offen"
Er habe Van der Bellen mitgeteilt, dass er überzeugt sei, dass die künftige Regierung stabil sein müsse. Kickls Definition einer stabilen Koalition: Das müssten zwei Parteien mit einem deutlichen Mandatsüberhang und größtmöglichen Übereinstimmungen in verschiedensten Themenfeldern sein.
Eine konkrete Partei nannte Kickl nicht. Anhand der Wahlprogramme kommt hier aber wohl nur die ÖVP als Koalitionspartner infrage. Die schließt eine Zusammenarbeit mit Kickl jedoch aus und könnte mit SPÖ und Neos koalieren. Eine solche "Koalition der Verlierer" wäre wiederum ein fatales Signal für die Wähler, habe Kickl Van der Bellen gesagt.
Es sei ein "atmosphärisch angenehmes und offenes Gespräch" gewesen, betont der FPÖ-Chef. "Der Bundespräsident weiß jetzt auch aus erster Hand, das wir als FPÖ die kommende Regierung anführen wollen. Mit mir als unserem freiheitlichen Spitzenkandidaten an der Spitze als Bundeskanzler. Er weiß es jetzt aus erster Hand."
Einzelne Positionen und Aussagen Van der Bellens will Kickl nicht wiedergeben: "Eines nur: Er hat mir gestern gesagt, er wird sich umgehend nach der Runde mit allen Parteiobleuten dann seinerseits an die Öffentlichkeit wenden. Jetzt ist er am Zug. Er trägt eine große Verantwortung, wie auch wir eine große Verantwortung tragen."
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