Keine Sondierungen
Der Freitag markiert den offiziellen Auftakt zur Regierungssuche 2024.
Geordnet nach dem jeweiligen Abschneiden bei der Nationalratswahl empfängt der Bundespräsident die Chefs der Parlamentsparteien, um ein Gefühl für die Lage zu bekommen.
Frühestens Dienstagabend, wenn alle Gesprächspartner in der Hofburg waren, will sich Alexander Van der Bellen wieder äußern.
Einen offiziellen Auftrag zur Regierungsbildung gibt es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit noch länger nicht. Denn in der Hofburg ist man tunlichst bemüht, die laufenden Tête-à-Têtes nicht als „Sondierung“ oder als Anbahnungsgespräche für allfällige Koalitionen zu titulieren.
All das, also das konstruktive Miteinander-Reden, sei die vornehmliche Aufgabe der Parteichefs. Die Hofburg will dabei keine vermittelnde oder gar führende Rolle spielen, zumindest noch nicht. Es liege an den Parteien, so die Botschaft, eine stabile Regierung anzubahnen.
Doch zurück in die Präsidentschaftskanzlei und in ihre mit rotem Damast tapezierten Zimmer: Worüber sich der Bundespräsident und der FPÖ-Chef im Detail unterhalten haben, darüber konnten selbst engste Mitarbeiter nur spekulieren.
Eines galt vorab als sicher: Es wurden keine Unhöflichkeiten thematisiert, zumindest nicht vom Präsidenten.
Außenstehende mag das erstaunen. Immerhin wollte es sich Kickl 2023 am Aschermittwoch nicht verkneifen, Van der Bellen als „Mumie“ und „senil“ zu beschimpfen.
Doch das Staatsoberhaupt haben die Anwürfe viel weniger gekränkt als man annimmt, heißt es in den Gängen der Präsidentschaftskanzlei. Van der Bellen sei schon als Chef der Grünen mit unflätigsten Schmähungen bedacht worden – insbesondere von der FPÖ.
Dazu passte jedenfalls die Körpersprache der Profi-Politiker – sie offenbarte nichts Distanziertes.
Der Handschlag zur Begrüßung? Fest wie immer.
Das Mienenspiel der beiden? Freundlich, bisweilen sogar lächelnd.
Und auch, was die Dauer des Gesprächs anging, schien es genau nicht so zu sein, als hätten sich Kickl und Van der Bellen nichts zu sagen: Aus geplanten 60 Minuten wurden eineinhalb Stunden.
Abgang
Die einzige „Unregelmäßigkeit“, wenn man so will, lieferte Kickl im Abgang: Anstatt – wie geplant – nach dem Treffen Rede und Antwort zu stehen, will er erst heute, Samstag, über das Treffen sprechen. Aus seiner Sicht hat das einige Vorteile: Erstens hat Kickl Zeit, sich seine Botschaften noch genauer zu überlegen.
Und zweitens wird ihm aller Voraussicht nach besser zugehört. Den Auftritt am Freitag hatte Kickl so oder so. Da das Wochenende vor innenpolitischen Terminen nicht gerade strotzt, wird die öffentliche Aufmerksamkeit auch an diesem Samstag entsprechend groß sein.
Und Herbert Kickl wäre ein schlechter Parteichef, würde er Gelegenheiten verstreichen lassen, um maximale Präsenz zu zeigen.
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