Tanner im Nationalrat: "Über Kommunikation kann man diskutieren"

SONDERSITZUNG NATIONALRAT: TANNER
Anlass für die Sondersitzung ist die temporäre Mehrwertsteuersenkung für Gastronomie, Kultur und Medien. Zunächst musste sich aber die Verteidigungsministerin vor dem Plenum erklären.

Der Nationalrat trat am Dienstag zu einer Sondersitzung zusammen. Einberufen wurde sie von ÖVP und Grünen, um die als Coronahilfe gedachte Mehrwertsteuersenkung zur Entlastung der Gastronomie sowie der Kultur- und Medienbranche rasch auf den Weg zu bringen. Zunächst ging es aber um das Aufregerthema Heeresreform, Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) musste sich den Abgeordneten stellen - und sich zahlreiche Vorwürfe, sie sei als Verteidigungsministerin nicht geeignet, gefallen lassen.

Pläne für das Zusammenstreichen der militärischen Landesverteidigung auf ein Minimum waren in der Vorwoche mittels Hintergrundgespräch angekündigt worden. Nach breiter und heftiger Kritik und einem Rapport bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen ruderte Tanner zumindest teilweise zurück und will nun alle Akteure einbinden.

Aufgabenspektrum ausweiten

Nun gab Tanner im Nationalrat zu: "Ja, über die Kommunikation kann man diskutieren." Das ändere aber nichts an der Sache, meinte Tanner. "Das Heer bereit für die Zukunft zu machen und das nicht zum Selbstzweck, sondern um die Bevölkerung und unser schönes Österreich zu schützen."

Tanners Verteidigungsrede und die Kritik der Opposition

"Jede Veränderung führt auch zu Widerstand", sagte Tanner und wiederholte: "Militärische Landesverteidigung bleibt die ureigenste Aufgabe unseres Bundesheeres." Sie wolle aber das Aufgabenspektrum ausweiten, "um uns vor neuen Bedrohungen zu schützen". Tanner nannte Cyberangriffe, Migrationskrisen, Umweltkatastrophen, und Pandemien als Beispiele.

Miliz neu denken

Die Miliz müsse neu gedacht werden. "Der Bürger in Uniform soll immer mehr in den Vordergrund treten", erklärte die Verteidigungsministerin. Drei Punkte nannte sie: regelmäßig üben, ordentlich ausstatten, die Finanzierung durch das Heeresgebührengesetz müsse überarbeitet werden.

"Die Truppe ist nicht der Ort, an dem wir sparen werden, sondern investieren werden", sagte Tanner. Kein Standort werde in Frage gestellt, regionale Zentren würden geschaffen. Als Beispiel nannte sie Villach mit seinen drei Kasernen. Dort werde ein großes militärisches Zentrum geschaffen, zwei Kasernen würden verwertet, eine renoviert. "Das erklärt vielleicht das eine oder andere", sagte Tanner, die gelobte, dass alle Garnisonen erhalten bleiben.

"Tannern und Täuschen"

Anschließend werden die Pläne Tanners für das Heer im Plenum diskutiert. SP-Wehrsprecher Robert Laimer kritisierte die Kommunikation der Pläne für die Landesverteidigung im "Hinterzimmer im Café Bück' dich", ohne selbst anwesend zu sein. Laimer nannte dies "Tannern und Täuschen".

Auch der blaue Klubobmann Herbert Kickl zeigte sich überaus echauffiert über das Vorgehen von Ministerin Tanner. Er stellte in Frage, ob Österreich in der Lage sei, sich bei einem eventuellen Angriff zur Wehr zu setzen, denn: "Die Welt besteht nämlich nicht nur aus Cyberattacken." Mit ihrer heutigen Erklärung habe Tanner "den nächsten Rohrkrepierer fabriziert".

"Ich halte das für ziemlichen Humbug, es tut mir leid", konterte daraufhin die grüne Klubchefin Sigrid Maurer. Man täte gut daran, das Bundeheer auf reale Bedrohungen, wie die Cyber-Kriminalität, auszurichten. Immerhin existiere es "nicht nur zum Selbstzweck für die dort beschäftigten Personen." Dass sich nichts ändern dürfe, sei die bequemste aller Forderungen aber auch die rückschrittlichste, sagte Maurer in Richtung Kickl. Darum: "Nur Mut Frau Ministerin, führen wir das Bundesheer ins 21. Jahrhundert", schloss sie.

Für die Neos ist die Risikoanalyse der Regierung hinsichtlich Bedrohungen unzureichend. "Statt sich anzusehen, was in den kommenden 20 Jahren passieren könnte, hat man sich angeschaut, was in den vergangenen 20 Jahren passiert ist", sagte Douglas Hoyos. 

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ÖVP thematisiert Krisper

Für ein kleines thematisches Intermezzo  sorgte ÖVP-Verteidigungssprecher Michael Hammer. Bevor er zur Heeresdebatte Stellung nahm, thematisierte er die jüngsten Entwicklungen im Ibiza-U-Ausschuss. Hammer forderte eine Entschuldigung der Neos-Abgeordneten Stephanie Krisper für ihre durchs Mikrofon verstärkte abfällige Äußerung, die die Verfahrensrichterin Ilse Huber nach Hammers Ansicht in den Rückzug getrieben habe.

Hammer kritisierte, dass Krisper nicht im Plenum anwesend sei, der stv. Neos-Klubchef Nikolaus Scherak berichtigte, aufgrund der Abstandserfordernisse durch die Coronakrise seien nicht alle Abgeordnete anwesend, was nicht heiße, dass sie nicht im Haus sind. VP-Klubchef August Wöginger erhob sich und forderte noch einmal vehement eine Entschuldigung Krispers. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP), der auch Vorsitzführer im U-Ausschuss ist, erinnerte daran, dass die weitere Vorgehensweise in der Nachbesetzung der Verfahrensrichterin morgen, Mittwoch, in einer Präsidiumssitzung besprochen werde.

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