Nach zwei Tagen Rendi-Wagner: Erster offener Widerstand in SPÖ
Eine geeinte Partei sieht anders aus. Nur zwei Tage nach Pamela Rendi-Wagners Kür zur neuen SPÖ-Chefin und einen Tag nach ihren ersten Personalentscheidungen zeigt sich immer deutlicher, dass bei weitem nicht alle Sozialdemokraten mit den aktuellen Entwicklungen einverstanden sind.
Vor allem die Ablöse des bisherigen Bundesgeschäftsführers Max Lercher durch den früheren Kulturminister Thomas Drozda stößt manchen Genossen sauer auf.
"Bobo" und "Akademiker im Anzug"
Besonders die steirische Landtagsabgeordnete und Mitglied des SPÖ-Bundesparteivorstands Michaela Grubesa nahm sich auf Facebook kein Blatt vor den Mund. "Mit großem Unverständnis" würden viele Genossen auf die Ablöse des Steirers Lercher blicken, der in den letzten Monaten für die Sozialdemokratie mehr geleistet habe "als manche in ihrer gesamten Laufbahn".
Stattdessen würde in der Parteizentrale statt eines Steirers "in Jeans und Hoodie" nun "ein Akademiker im Anzug" werken, "der den Portier mit 'meine Verehrung' grüßt". Das könne der Großteil der Partei "weder verstehen noch akzeptieren", so Grubesa. Die 29-Jährige war eine jener steirischen Vertreterinnen, die sich bei Drozdas Nominierung der Stimme enthielten.
Drozda hätte im Bundesparteivorstand in der zweistündigen Debatte um die eigene Person laut Grubesa auch anderes sagen können als „hier sind ein paar kurze Anekdoten, die erklären, dass ich kein Bobo bin“ oder „ich bin 53, ich brauche das gar nicht“. Man hätte sich ein politisches Statement und Visionen für die Zukunft der Partei und ein Danke gewünscht. Grubesa wandte sich in dem Facebook-Post auch direkt an Drozda: „Mit Verlaub, Thomas: Du BIST ein BOBO!!!! Aber hey, manche sind große Menschen, manche sind Menschen aus der großen Stadt.“
Kein Kommentar, aber persönliches Gespräch
Drozda wollte die harsche steirische Kritik an seiner Nominierung am Donnerstag nicht kommentieren. Der neue Bundesgeschäftsführer möchte der Abgeordneten nichts über die Medien ausrichten, hieß es dazu aus der SPÖ-Parteizentrale. Zwecks Klärung der Differenzen werde er aber das persönliche Gespräch mit der steirischen Parteikollegin suchen.
Ludwig: Rendi-Wagner muss "auf Leute zugehen"
Gleichzeitig fremdelt auch die Wiener SPÖ weiter mit dem personellen Umbau an der Parteispitze. „Da kommt keine Jubelstimmung auf, nicht nur bei mir“, meinte etwa der Wiener SPÖ-Chef Michael Ludwig in einem Interview mit der Gratiszeitung Heute (Donnerstagausgabe). Auf die Frage, wie die designierte SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner an der Basis ankomme, meinte Ludwig: „Jeder muss sich in der Praxis beweisen. Sie ist sehr sympathisch, telegen und kompetent, jetzt muss sie auch auf die Leute zugehen.“
Die Wiener SPÖ sei als „loyale Organisation“ bekannt, „aber wir wollen auch etwas“. Er meine damit „inhaltliche Dinge“, das werde er Rendi-Wagner aber persönlich sagen, erklärte Ludwig.
Drozda will "Profil schärfen"
Die SPÖ werde ihr "Profil schärfen", sich inhaltlich neu aufstellen, mit den Themen soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit im Mittelpunkt, und sich als klare Alternative zur Regierung positionieren, kündigte DrozdaMittwochabend in der "ZiB 2" an. Das unter Christian Kern erarbeitete neue Parteiprogramm werde man wohl "so wie es ist" beschließen.
Zwar werde man "das eine oder andere hinterfragen" und Rendi-Wagner werde das Papier mit den Landesparteien diskutieren - aber es sei eine gute Grundlage. Das im Vorstand beschlossene Migrationspapier mit dem Motto "Integration vor Neuzuzug" bleibt gültige Grundlage, "entlang diesem werden Entscheidungen getroffen". Die SPÖ werde "eine Kultur des Hinsehens entwickeln" und nicht mehr "vor den Realitäten die Augen verschließen" - wie es "der eine oder andere von uns zu lange getan hat".
Die Frage nach einer Koalition mit der FPÖ beantwortete Drozda nicht, "die stellt sich im Jahr 1 der Opposition nicht".
Doppelfunktion "kein Problem"
Dass für ihn Lercher und zudem Klubchef Andreas Schieder weichen mussten, verteidigte Drozda. Es sei das Recht der neuen Parteichefin ihr Team zu wählen. "Kein Problem" sieht Drozda darin, dass die Parteichefin künftig auch Klubchefin ist. Der Warnung Michael Ludwigs vor der "sehr starken persönlichen Belastung" durch die Doppelfunktion hielt er entgegen, dass auch Ludwig selbst (als Bürgermeister und Landesparteichef) oder der Kärntner Landeshauptmann und Landesparteichef Peter Kaiser zwei Funktionen ausübten. Und der neue Bundesgeschäftsführer merkte auch an: Rendi-Wagner verfüge über "hohe integrative Fähigkeiten", die werde sie nützen "und die unterschiedlichen Teile zusammenführen".
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