Nach Telefonat Kurz-Kunasek: Erneut Sperre im Heer für Identitäre

Nach Telefonat Kurz-Kunasek: Erneut Sperre im Heer für Identitäre
Extremismus habe im Bundesheer "nichts verloren", begründet Minister Kunasek die Weisung. Van der Bellen mahnte.

Mitglieder und Aktivisten der rechtsextremen "Identitären Bewegung" (IBÖ) unterliegen im Österreichischen Bundesheer ab sofort wieder Sperrvermerken und Entorderungen. Das gab Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) am Donnerstag Mittag bekannt.

Mittels Sperrvermerk können Soldaten für bestimmte Funktionen oder Tätigkeiten im Bundesheer gesperrt werden. Eine Entorderung bedeutet, dass Milizsoldaten aus ihrer Milizfunktion entlassen werden.

Identitäre: Doch keine Karriere beim Heer

Damit reagierte Kunasek auf wütende Proteste nach einem Standard-Bericht, wonach der Umgang mit Soldaten, die Mitglieder oder Unterstützer der Identitären sind, gelockert wurde. Der Verfassungsschutzbericht sei "die Grundlage unseres Handelns", sagt Kunasek. Und weil die IBÖ laut des aktuellen Verfassungsschutzberichts als "rechtsextreme Vereinigung" eingestuft ist, habe Kunasek nun "angewiesen, wieder zur alten Regelung zurückzukehren". Denn: "Politischer oder religiöser Extremismus, egal von welcher Seite, hat im Bundesheer nichts verloren."

Van der Bellen: "Ansehen Österreichs nicht gefährden"

Das sagt auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen. "Mitglieder von als rechtsextrem qualifizierten Vereinigungen dürfen keinen Platz im Österreichischen Bundesheer haben", betont der Oberbefehlshaber. Das Ansehen Österreichs dürfe nicht gefährdet werden, deshalb müsse "durch interne Maßnahmen sichergestellt werden, dass irgendwelche Verbindungen zum Rechtsextremismus von Angehörigen des Bundesheeres keinesfalls geduldet werden".

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Bundespräsident Alexander van der Bellen

Bundeskanzler Sebastian Kurz sagt, er habe Kunasek ersucht, den Fall umgehend zu klären. „Jedes Aufweichen von bisherigen klaren Haltungen gegenüber den Identitären wäre inakzeptabel und nicht zu tolerieren“, so Kurz.

Die vorangegangene, vorübergehende Aufhebung der Sperrvermerke war laut Verteidigungsministerium auf Basis eines Gerichtsurteils in Graz vom Jänner 2019 erfolgt, wonach die IBÖ "keine kriminelle Vereinigung" sei. Daraus wäre im Bundesheer zunächst der Schluss gezogen worden, dass eine reine Mitgliedschaft bei der IBÖ keine ausreichende Rechtsgrundlage für eine Entorderung oder eine Sperre sei. Die betroffenen Personen wären aber unter verstärkte Beobachtung gestellt worden. Das alles sei aber "ohne Weisung des Ministers" passiert, heißt es im Bundesheer.

Auch gegenüber dem Kanzler habe Kunasek versichert, er habe die Lockerung des Sperrvermerks nicht verfügt. Kunasek habe sich im Telefonat mit Kurz sofort bereit gezeigt, die Lockerung rückgängig zu machen.

 

Laut Pilz über 60 Soldaten betroffen

In der Vergangenheit habe es immer wieder Sperrvermerke gegen Soldaten wegen Mitgliedschaft bei den Identitären gegeben, bestätigte Bundesheer-Sprecher Michael Bauer. Laut dem "Jetzt"-Abgeordneten Peter Pilz wären 56 Miliz- und 7 Berufssoldaten sowie bis vor kurzem 7 Grundwehrdiener betroffen. Pilz beschuldigt die Ressortspitze des Verteidigungsministeriums, namentlich Minister Kunasek und seinen Generalsekretär Wolfgang Baumann, für den gelockerten Umgang mit Mitgliedern oder Unterstützern der Identitären im Bundesheer.

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Peter Pilz

Es sei absurd, dass die FPÖ behaupte, Identitäre dürfen nicht Mitglied bei der FPÖ sein, aber mit automatischen Waffen beim Bundesheer herumhantieren. „Das wäre verrückt, wenn man die steirische FPÖ nicht kennen würde. Die steirische FPÖ ist Identitären-verseucht“, sagte Pilz bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz am Donnerstag. Es gebe kein Problem mit Rechtsextremen am Rand der FPÖ, „die Rechtsextremen sind mitten in der FPÖ“.

"Taten sprechen andere Sprache"

Skeptisch reagierte auch die Neos-Sprecherin für Inneres, Stephanie Krisper: „Der Verteidigungsminister kann noch so viel zurückrudern und betonen, dass Extremismus im Heer keinen Platz haben, die Taten seines Ministeriums sprechen eine ganz andere Sprache." Es sei „nicht akzeptabel und eine Bedrohung für die Sicherheit der Republik, wenn das Heer durch diese Weisung durch Rechtsextreme unterwandert werden kann. Der FPÖ-Minister scheint die gleichen schlampigen und halbherzigen Abgrenzungsversuche zu unternehmen wie sein Parteichef und Vizekanzler“, kritisierte Krisper.

 

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Stephanie Krisper

Krisper verlangt auch volle Transparenz im Umgang mit den Verknüpfungen zwischen Identitären, FPÖ-Mandataren sowie Ministerien - sowohl auf Minister- als auch auf Kabinettsebene. Daher hätten die Neos auch ein umfassendes Antrags- und Anfragenpaket eingebracht.

 

„Wir gehen den Verflechtungen der FPÖ-Ministerien mit rechtsextremen Gruppierungen auf den Grund. Wir wollen wissen, was die Ministerien tun, um Verflechtungen mit verfassungsfeindlichen Gruppen zu verunmöglichen oder zu kappen", sagte Krisper - „ganz besonders in sicherheitspolitisch hoch sensiblen Bereichen wie Bundesheer und Polizei".

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