Nach Strache: Blaue auf Koalitions- statt Oppositionskurs?
Jetzt geht es schnell. So schnell, dass man das Tempo, das die FPÖ an den Tag legt, mit „zack, zack, zack“ umschreiben könnte. Am 1. Oktober, dem Tag der Strache-Suspendierung, dem Tag eins der neuen blauen Zeitrechnung, legt die neue freiheitliche Führung die Latte hoch.
Norbert Hofer zeigt sich nach einer Marathonsitzung (Präsidium und Vorstand tagten am Dienstag über sieben Stunden lang) von seiner resoluten Seite. Der Wolf blitzt durch den Schafspelz durch. Heinz-Christian Straches Ruhendstellung seiner FPÖ-Mitgliedschaft reicht nicht aus. Die FPÖ will keine Kosmetik mehr gelten lassen, sondern eine klare Kurskorrektur. Zumindest nach außen.
Kurskorrektur statt Kosmetik
„Es ist eine Suspendierung. Wenn die Vorwürfe der letzten Tage nicht zu entkräften sind, dann kommt es zum Ausschluss. Aber das kann heute noch niemand sagen“, lässt Hofer wissen. Und damit keinen Zweifel daran, dass im Fall der Fälle Strache sein blaues Rückkehrrecht verwirkt hat. Gleichzeitig lässt die FPÖ-Führung die Straches im Ungewissen, sie zappeln. Und demonstriert damit gleichzeitig Macht über das einst einflussreiche Polit-Paar. Ob Philippa Strache, der Dritten der Wiener Landesliste, tatsächlich ein Nationalratsmandat zukommen wird (das hat damit zu tun, wer über welche Liste einzieht und die Wiener Partei zu entscheiden), das soll erst am Donnerstag, dem Tag des amtlichen Endergebnisses, publik werden.
Straches Parlamentspräsenz
Dass Heinz-Christian Strache auf Facebook für seine Frau und das Mandat plädiert, das ist eher kontraproduktiv, denn er tut erneut nicht das, was ihm von der Partei aufgetragen wurde: sich von der Öffentlichkeit zurückziehen.
Die FPÖ legt wohl auch deshalb keinen gesteigerten Wert mehr auf Philippa Straches Präsenz im Parlament. Nicht anders ist es zu erklären, dass sie sich mit der Entscheidung so lange Zeit lässt. Zermürbungstaktik? Vielleicht. Vielleicht ist es aber auch längst entschieden, dass der ehrenamtlichen Tierschutzbeauftragten keine Parlamentskarriere beschieden ist.
Aufs Tempo drückt die FPÖ auf Partei-Ebene. Gleich drei Gruppen sollen dazu beitragen, dass die Ära Strache und die Auswirkungen seines Verhaltens (Stichwort Spesenkonto) abseits von allfälligen Ermittlungsergebnissen zu den Akten gelegt werden können.
Eine Compliance-Gruppe unter der Führung von Oberösterreichs Landeschef Manfred Haimbuchner soll ein Regelwerk erstellen, wie fortan mit Finanzen und Verhalten umzugehen ist. „Wir wollen von allen Parteien die strengsten Regeln haben“, so Hofer. Eine Reform-Gruppe rund um den Welser Bürgermeister Andreas Rabl ist mit der Entwicklung und strategischen Ausrichtung der Partei betraut.
Ein Weisenrat mit verdienten, noch nicht genannten FPÖ-Mitgliedern soll sich künftig um heikle Agenden wie Parteiausschlüsse kümmern. Zack, zack, zack – sollen einzelne Ergebnisse der Gruppen bereits bei einer Klausur im Dezember präsentiert werden. Alles Makulatur gemäß dem Motto „Wenn Du nicht mehr weiter weißt, bilde einen Arbeitskreis“? Wohl kaum.
Makulatur oder Masterplan?
Parteistrategen wie Ex-Innenminister Herbert Kickl, der nun Klubchef werden soll, und FPÖ-Chef Norbert Hofer, der das Repräsentationsamt des Dritten Nationalratspräsidenten innehaben wird, bereiten sich vor.
Für den Fall, dass aus den Koalitionsgesprächen von ÖVP-Chef Sebastian Kurz mit den Grünen, der SPÖ und den Neos bis Jahresende keine Regierung hervorgehen wird. Auch keine Minderheitsregierung. Beobachter und Politologen wie Anton Pelinka halten es für möglich, dass entgegen der Oppositionsansage von Hofer, Kickl und Haimbuchner eine ÖVP-FPÖ-Regierung zustande kommt. Die FPÖ könnte sich Anfang 2020 dank Reform-Gruppen und Klausur als geläutert darstellen.
Als eine Partei, die ihre Lehren aus der Ära Strache gezogen hat. Und erneut ihre Koalitionsfähigkeit und -willigkeit unter Beweis stellen.
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