Richtung verzweifelt gesucht

Wohin soll’n wir uns wenden? Wie Faymann/Darabos die SPÖ im Koalitionspoker positioniert haben, ist intern umstritten.
Urabstimmung, Koalition mit Schwarz, Blau – oder doch in die Opposition?

Muss sich SPÖ-Chef Werner Faymann bei den Mitgliedern noch das „Okay“ holen? Soll er sich eine Regierungsbeteiligung per „Urabstimmung“ absegnen lassen?

Seit Tagen versuchen prominente Sozialdemokraten zu diesen Fragen eine Diskussion in Gang zu bringen, in der Partei rumort es; Im oberösterreichischen Landesparteivorstand stellte die Vorsitzende der SPÖ-Frauen Sonja Ablinger am Montag den Antrag für einen Sonder-Parteitag, die Situation der SPÖ nach der Wahl erfordere das, argumentierte sie. Entscheidung dazu gibt es noch keine, erst will SP-Landeschef Josef Ackerl mit Faymann darüber reden.

Was nun geschehen soll, darüber gibt es in der SPÖ unterschiedliche Vorstellungen gibt. Welche Szenarien werden in der SPÖ diskutiert, und wer ist wofür?

Urabstimmung In Paragraf 7 des SPÖ-Parteistatuts ist festgehalten, dass die SPÖ-Mitglieder das Recht haben, „bei der Entscheidung wichtiger politischer Fragen (. . .) mitzubestimmen“.

15 Prozent der Mitglieder können eine solche Befragung herbeiführen – und darauf stützen sich jene Roten, die auf eine Basisabstimmung drängen. Dazu zählen auch die kritische „Sektion 8“ in Wien, die SPÖ Salzburg, Proponenten wie Franz Schnabl oder SJ-Chef Wolfgang Moitzi. Ab heute, Dienstag, erklärte Nikolaus Kowall von der „Sektion 8“ gegenüber dem TV-Sender Puls4, würden Unterstützer für eine Urabstimmung über den Koalitionsvertrag gesammelt werden. Rund 36.000 SPÖler müssten unterschreiben, damit es dazu kommt.

Die stellvertretende Parteichefin und Nationalratspräsidentin Barbara Prammer ist – wie Faymann und Parteimanager Norbert Darabos – gegen ein solches Votum; Darabos ließ gestern ausrichten, er stelle sich nicht gegen eine Abstimmung und die Statuten. Die Frage, welche Koalition die SPÖ eingehe, liege aber in der „ureigenen Kompetenz“ des 70-köpfigen Bundesparteivorstandes.

Koalition mit der FPÖ Insbesondere in den Reihen der SPÖ-nahen Gewerkschaften hat man nur mäßige Freude mit dem kategorischen „Nein“ zu einer Koalition mit der FPÖ. Bereits vergangene Woche deponierten regionale Vertreter des ÖGB bzw. der Arbeiterkammer den Wunsch, man möge mit HC Strache zumindest über eine Koalition reden – das gebiete allein die Verhandlungstaktik. Die politischen Schwergewichte in Partei und Gewerkschaft sind zurückhaltend. Warum, das erklärt ÖGB-Vizepräsidentin Sabine Oberhauser: „Wir haben uns als Partei entschieden, mit der FPÖ eine Regierung auszuschließen, dazu gibt es Beschlüsse.“ Hätte Blau eine Option sein sollen, hätte man die Beschlüsse vor der Wahl ändern müssen. „Immerhin sind wir jetzt auch den Wählern im Wort, die uns deshalb gewählt haben.“

Opposition Manch SPÖ-Grande schließt nicht aus, dass die Partei in Opposition geht. Für Wiens Bürgermeister Michael Häupl und den steirischen Parteichef Franz Voves ist das die Alternative, wenn es zwischen Rot und Schwarz nicht klappt. Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl sieht das im KURIER-Gespräch ebenso: „Wenn die ÖVP den Preis zu hoch treibt oder es keine neue Form der Zusammenarbeit gibt, ist es mir lieber, wenn die SPÖ in Opposition geht.“

Rot-Schwarz-Grün Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser wünscht sich, dass die Variante Rot-Schwarz-Grün „ernsthaft geprüft wird“. Eine derartige Kooperation gibt es ja bereits in seinem Bundesland.

Minderheitsregierung Vorarlbergs SPÖ-Chef Michael Ritsch hat dies – auch – angedacht. Das Problem: Bis auf ihn gibt es wenige in der Partei, die sich diese im Polit-Alltag riskante Variante vorstellen können.

Koalition mit der ÖVP Obwohl nicht rasend beliebt, ist die „Große Koalition“ immer noch die wahrscheinlichste Variante. Die Landeshauptleute Häupl und Voves präferieren dieses Zweckbündnis, ebenso Heinz Fischer. Der Bundespräsident wünscht sich bis Anfang Dezember eine Regierung und bezeichnete es als „logisch“, dass wohl die beiden Stimmenstärksten koalieren werden.

Während in der SPÖ die Wogen hoch gehen, ob erneut mit der ÖVP eine Koalition eingegangen werden soll, sieht sich die ÖVP nach anderen Möglichkeiten um.

Das erste Treffen zwischen ÖVP-Chef Michael Spindelegger und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache verlief offenbar recht harmonisch: „Das war ein guter Meinungsaustausch, und man wird das auch fortsetzen“, erklärte der Sprecher von Spindelegger am frühen Montagabend.

Beiden Parteichefs ging es beim ersten Abtasten nach der Nationalratswahl darum, auszuloten, wo man grundsätzlich einer Meinung ist und wo ÖVP und FPÖ Möglichkeiten einer Zusammenarbeit sehen.

Thematische Überschneidungen, hieß es nach dem Treffen, gab es einige – etwa in der Frage einer Bildungsreform, eines der größten Streitthemen der scheidenden rot-schwarzen Koalition. Hier sei man „in weiten Teilen“ einer Meinung. Spindelegger als auch Strache hatten sich im Wahlkampf gegen eine Gesamtschule ausgesprochen.

Fortsetzung geplant

Von Seiten der FPÖ hieß es nach dem Treffen, dass man auch bei der Verwaltungsreform ähnliche Zielvorstellungen habe. Problematisch bleibe das Thema EU, Strache hatte erneut seine Abneigung gegen einen „zentralistischen Bundesstaat“ kund getan. Wann die Gespräche zwischen ÖVP und FPÖ fortgesetzt werden, ist offen. Termin gibt es noch keinen.

Am frühen Nachmittag traf Strache auch den Klubobmann der SPÖ, Josef Cap. Dieses Gespräch dürfte weit weniger harmonisch gelaufen sein. Strache kritisierte nach dem Treffen, dass von Seiten der SPÖ nur der Klubobmann, und nicht Parteichef Faymann erschienen war. Offenbar, argwöhnte Strache, wäre sich Faymann „zu fein“, um mit dem Chef der stimmenstärksten Oppositionspartei zu reden.

Am Vormittag hatte Spindelegger außerdem einen Termin mit der Chefin der Grünen, Eva Glawischnig. Dabei ging es neben einem „allgemeinen Meinungsaustausch“ vor allem um eine mögliche Zusammenarbeit bei Zwei-Drittel-Materien. Das Gespräch verlief „gut“, hieß es von Seiten der ÖVP.

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