Nach Kritik: Beschluss von Sicherheitspaket rückt in weite Ferne

Sobotka und Brandstetter halten an umstrittenem Paket fest.
FPÖ-Justizsprecher verwundert über "heftige Tendenzen" bei Überwachungsplänen, Brandstätter und Sobotka halten aber daran fest.

Als Justizminister Wolfgang Brandstetter und Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) ihr Sicherheitspaket am 10. Juli in Begutachtung gaben, waren sie siegessicher: Mit SPÖ-Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil als Befürworter wähnten sie den Koalitionspartner mit im Boot – ein Beschluss sollte noch vor dem Wahltermin klappen.

Jetzt liegt das Sicherheitspaket in Scherben: Angesichts der Flut an Einsprüchen – nach knapp drei Wochen gibt es zum Gesetzesentwurf mehr als 8000 Stellungnahmen – und dem Aufschrei mehrerer Experten zog SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim die Bremse; dann erklärte sogar die FPÖ, dass ihnen die geplanten Verschärfungen zu weit gehen. "Ich wundere mich sehr über den Justizminister, den ich als fachlich versierten und vernünftigen Mann kenne, dass er derart heftige Tendenzen zulässt", sagt FPÖ-Justizsprecher Harald Stefan zum KURIER.

Er kritisiert, dass die Überwachungsmaßnahmen weit über ihren eigentlichen Zweck – der Bekämpfung von Terrorismus und organisierter Kriminalität – hinausgehen. Nicht nur, dass die Palette an Straftaten, bei denen die Polizei Lauschangriffe starten darf, wesentlich breiter werden soll, sei auch der Zugriff auf Daten am Gerät des Verdächtigen durch Schadsoftware zu umfassend, befindet der freiheitliche Jurist.

"Eckpfeiler bleiben"

Ist das Gesetz damit gestorben? "Vorerst", sagt SPÖ-Justizsprecher Jarolim, und erklärt: "Das Thema ist von zu großer Bedeutung, um es jetzt, in allgemeiner Wahlkampfstimmung, durchzudrücken. Ein Gesetz mit derartiger Schlagkraft braucht auch die größtmögliche Zustimmung aus der Bevölkerung." Er sieht keinen Grund zur Eile: Für den Start des "Bundestrojaners" habe das Justizministerium selbst den 1. August 2019 avisiert.

Bei der ÖVP nachgefragt, ob es noch Verhandlungsspielraum gibt, heißt es von Innenminister Sobotka: „Die Eckpfeiler sind für mich unverrückbar.“ Für „alternativlos“ hält auch Justizminister Brandstetter die Vorschläge zur Überwachung der Internetkommunikation, die dem Abhören von klassischen Telefonaten gleichgestellt werden müsse. Brandstetter ergänzt aber: „Die Kritik werden wir uns genau ansehen. Allfällige Präzisierungen kann man nie ausschließen, dazu ist eine Begutachtung schließlich da.“

Verfassungsrichter: "Achtung vor der Freiheit"

Änderungen dürften notwendig sein, wenn das Gesetz irgendwann vor dem Verfassungsgerichtshof halten soll. Denn obwohl Präsident Gerhart Holzinger sich zur konkreten Materie nicht äußert, machte er in Gastkommentaren schon mehr als ein Mal deutlich, dass er von Verschärfungen, die zu tief in die Privatsphäre eindringen, nichts hält.

So erteilte der ranghöchste Richter der Republik etwa Aussagen, wie sie der Justizminister getätigt hat – es habe niemand etwas zu befürchten, der nichts zu verbergen habe – erst im Mai in einer Festschrift eine Absage: "In einer von Achtung vor der Freiheit geprägten Gesellschaft braucht der Bürger ohne triftigen Grund niemandem Einblick zu gewähren."

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