Muss das Pensionsalter steigen? Was die Politik dazu sagt

Eine ältere Frau schaut aus dem Fenster.
Immer mehr namhafte Ökonomen sind für eine Anhebung des Pensionsalters, aber fast alle Parteien sind dagegen.

Das Pensionssystem benötigt immer höhere Zuschüsse vom Staat. Höhepunkt ist laut der Alterssicherungskommission das Jahr 2035, wenn rund sieben Prozent der Wirtschaftsleistung (BIP) ins Pensionssystem fließen. Grund: Bis dahin geht die Babyboomer-Generation in Pension. Danach sollten die Pensionskosten bei rund 6,5 Prozent des BIP stagnieren. Ein hohes Niveau, denn heuer liegen sie bei 5,3 Prozent – was etwa 25 Milliarden Euro entspricht.

Experten für Änderung

Wie könnte man gegensteuern? Österreichs oberste Ökonomen sind sich prinzipiell einig: Das Pensionsantrittsalter muss steigen. IHS-Chef Holger Bonin schlug eine Anhebung auf „perspektivisch“ 67 Jahre vor. WIFO-Direktor Gabriel Felbermayr plädierte in der ORF-Pressestunde dafür, das Pensionsalter „teilweise“ an die Lebenserwartung zu koppeln – aber „ohne Schnellschüsse“.

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Derzeit liegt das gesetzliche Pensionsalter der Männer bei 65 Jahren. Bei den Frauen steigt es, von aktuell 60, bis 2033 auch auf 65 Jahre. Faktisch gehen die Männer aber mit rund 62, die Frauen mit 60 Jahren in Pension – etwa zwei Jahre früher als in anderen OECD-Staaten.

In diesem Text erfahren Sie ...

  • ... warum man beim Pensionsalter nach Bildungsgrad unterscheiden könnte
  • ... wie die Regierung über eine Anhebung des Antrittsalters denkt
  • ... welche Partei einen völlig anderen Weg vorschlägt

Individuelle Lösung?

Im Gegensatz zum Pensionsalter, ist die Lebenserwartung seit 1970 gestiegen. Jedoch – das könnte eine Anhebung in allen Branchen ungerecht machen – variiert die Lebenserwartung stark nach dem Bildungsgrad. Männer mit Pflichtschulabschluss lebten 2021 laut Statistik Austria durchschnittlich 76,6 Jahre, während Akademiker 84,2 Jahre alt wurden.

Eine Grafik zeigt die Entwicklung von Lebenserwartung und Pensionsantrittsalter seit 1970 sowie das Pensionsantrittsalter im EU-Vergleich.

Braucht es beim Pensionsalter also eine individuelle Lösung, gestaffelt nach Schwere der Tätigkeit oder Ausbildung? Was Österreichs Parlamentsparteien dazu sagen:

ÖVP 

Die ÖVP ist gegen eine Erhöhung des Pensionsalters. Klubobmann August Wöginger forderte aber im profil, dass Akademiker mindestens bis 65 arbeiten sollen. In Österreichs Korridorpension könnten sie theoretisch – mit Abschlägen – auch schon mit 62 den Ruhestand antreten. Dafür muss man aber mindestens 40 Jahre lang in die Pensionsversicherung eingezahlt haben. Ein Wert, den viele Akademiker ohnehin erst als 65-Jährige erreichen.

Grüne 

Die Grünen sehen „keinen Handlungsbedarf“, sagt Sozialsprecher Markus Koza. Er verweist auf Anreize für längeres Arbeiten im Alter, die Türkis-Grün beschlossen hat: Wer über das Pensionsalter hinaus arbeitet, erhält einen höheren Bonus, die Altersteilzeit wird flexibler. „Jetzt sind die Betriebe in der Pflicht, die Arbeitswelt altersgerecht zu gestalten.“ Langfristig würden die Pensionskosten das Budget in Prognosen „nicht auffressen“, sagt Koza. Er verweist auf das steigende Frauenpensionsalter: „Warten wir einmal ab, wie sich das auf den Arbeitsmarkt auswirkt. Für Verunsicherungsdebatten stehen wir als Grüne nicht zur Verfügung.“

Mehr dazu: Arbeiten im Alter: Wie sinnvoll sind die Anreize der Regierung?

SPÖ 

Die SPÖ ist alarmiert. Sie startete wegen Bonins Forderung eine Petition gegen die „Anhebung des Pensionsalters auf 67“. Unterschriften: bisher rund 13.800. Die Roten wollen das Pensionsalter beibehalten, teils senken. Sie plädieren etwa dafür, Frauen Kindererziehungs- und Pflegezeiten anzurechnen. Zudem ist die SPÖ für eine Wiedereinführung der „Hacklerregelung“: Wer 45 Jahre gearbeitet hat, darf mit 62 abschlagsfrei in Pension gehen.

FPÖ 

Wie in den U-Ausschüssen, gibt es bei den Pensionen ebenfalls einen rot-blauen Paarlauf: Auch FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch ist für ein Comeback der Hacklerregelung – und gegen eine Anhebung des gesetzlichen Antrittsalters.

Neos 

Sie sind als einzige Partei für eine Pensionsautomatik wie in Schweden. Dort kann man zwischen 62 und 69 Jahren in Pension gehen. Die Pensionshöhe hängt davon ab, wie viel ins Pensionskonto eingezahlt wurde und wie hoch die Rest-Lebenserwartung der Geschlechter ist. Könnte man dieses Modell zusätzlich an den Bildungsgrad koppeln? Es werde nie eine Automatik geben, um individuelle Lebensrisiken fair auszugleichen, widerspricht Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker: „Wer mit 15 Jahren zu arbeiten beginnt, kann genauso Karriere machen, sammelt viel mehr Beitragsjahre und hat dadurch ganz andere Möglichkeiten. Das kann der Akademiker, der erst mit 25 Jahren ins Berufsleben einsteigt, kaum mehr aufholen.“

Mehr dazu: Neos rechnen vor: Investitionen in Österreichs Zukunft sinken

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